Vier Wochen nach der Bundestagswahl mit ihrem ungewöhnlichen und für die SPD enttäuschenden (25,7 Prozent) Ergebnis ist jetzt klar, dass die SPD über die Bildung einer Großen Koalition verhandeln wird. Nach drei Vorgesprächen mit CDU und CSU hat die SPD-Sondierungsgruppe (Sigmar Gabriel, Hannelore Kraft, Peer Steinbrück, Frank-Walter Steinmeier, Andrea Nahles, Manuela Schwesig und Olaf Scholz) empfohlen, in konkrete Verhandlungen einzutreten. Darüber hat der SPD-Parteikonvent beraten und eine Delegation beauftragt.

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Die Landesgruppe Schleswig-Holstein (v.l.): Sönke Rix, Hans-Peter Bartels, Nina Scheer, Ernst Dieter Rossmann, Gabriele Hiller-Ohm, Matthias Illgen, Birgit Malecha-Nissen, Franz Thönnes und Bettina Hagedorn

Am 22 Oktober konstituierte sich der 18. Deutsche Bundestag. Ich freue mich, mit einem Direktwahlergebnis im oberen Bereich (43%) wieder für Kiel dabei sein zu können. Auch die auf 9 Mitglieder angewachsene Landesgruppe Schleswig-Holstein hat sich bereits getroffen (Foto). Am Mittwoch haben die Koalitionsverhandlungen begonnen: Über ein Ergebnis wird am Ende die gesamte SPD-Mitgliedschaft durch Mitgliederbefragung entscheiden. So sieht es die SPD-Führung vor, und so hatte es zum Beispiel auch unser Kieler SPD-Kreisausschuss schon am 26. September per Beschluss gefordert.

Zum Für und Wider einer Großen Koalition lässt sich viel sagen. Wir hatten im Wahlkampf vehement für etwas anderes geworben: für Rot-Grün! Das Wahlergebnis gibt das aber nicht her. Rot-Rot-Grün hatten wir ausdrücklich ausgeschlossen; die rechnerische Mehrheit im Parlament (319 Mandate) läge auch nur drei Stimmen über der absoluten Mehrheit (316); und politisch trennen uns insbesondere in der Außenpolitik noch Welten.

Die schwarz-grünen Sondierungen waren ein nettes Ablenkungsmanöver – angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat (die SPD ist an 13 von 16 Landesregierungen beteiligt) gäbe es dort wenig Unterstützung für noch so phantastische schwarz-grüne Gesetze.

Also – wenn man nicht schon wieder über Neuwahlen spekulieren will – jetzt Verhandlungen über Schwarz-Rot! Dabei wird unter demokratiepraktischen Gesichtspunkten gegebenenfalls darauf zu achten sein, dass die riesige 500-Stimmen-Mehrheit einer Koalition nicht alle Oppositionsrechte hinwegfegt. Und die Diskussion zwischen zwei sehr großen Koalitionsfraktionen wird anders und offener zu organisieren sein als in klassischen Koalitionen mit ihren nächtlichen Kleingruppenkompromissen im Kanzleramt.

Für Kiel steht einiges im SPD-Wahlprogramm, das jetzt Regierungspolitik werden sollte: Der Ausbau unserer Infrastruktur, was hier vor allem dem Nord-Ostsee-Kanal helfen könnte; die Verbesserung der Kommunalfinanzen, insbesondere der größeren Städte; die Förderung des sozialen Wohnungsbaus und die Wiederbelebung des Programms „Soziale Stadt“.