Interview für die Zeitschrift „Die Bundeswehr“ des Bundeswehrverbands, Februar 2015

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Hans-Peter Bartels, zum Einsatz im Nordirak

 

Halten Sie den Einsatz sicherheitspolitisch für vernünftig? 

Ja. Deutschland leistet hier gemeinsam mit anderen Nationen Hilfe zur Selbsthilfe. Wir helfen konkret den Kurden im Irak, die sich gegen die mörderischen IS-Terrortruppen verteidigen. Dafür haben wir Ausrüstung, Waffen und Munition für etwa 10.000 Kämpfer geschickt. Und jetzt kommt eine Ausbildungskomponente im Bereich der Hauptstadt Erbil hinzu.

Was wir und die anderen westlichen Partner nicht machen, ist, die Sicherheitsverantwortung für die Kurdenregion oder den ganzen Irak selbst zu übernehmen, also genau nicht das Modell Afghanistan. Die, die da heute jeden Tag kämpfen müssen, kämpfen für ihr eigenes Land.

 

Was ist das Ziel?

Da, wo die schwarz-uniformierten Djihad-Faschisten in militärischer Formation mit schweren Waffen angreifen, müssen sie gestoppt, zurückgedrängt und militärisch zerschlagen werden. Sie haben ein Drittel des Irak unter ihrer Kontrolle, darunter die Großstädte Mossul und Tikrit. Wenn den kurdischen Peschmerga-Milizen und den reorganisierten Verbänden der irakischen Armee die Rückeroberung gelingt, können Millionen Flüchtlinge nach Hause zurück. Dann müssen sie allerdings sicher sein können, dass IS kein vermintes Gelände hinterlässt, wie bisher schon beobachtet. Also wäre gut, wenn unser Bundeswehrkontingent zusätzlich Minensuchen und Minenräumen als Ausbildung anbieten könnte. Wahrscheinlich braucht der Irak dafür auch entsprechendes Gerät.

Im Übrigen liegt es ganz sicher im deutschen und europäischen Interesse, dass diese internationalen Terrorbrigaden, die sich „Islamischer Staat“ nennen, sich nicht dauerhaft als stark und attraktiv darstellen können, sondern, dass jeder weltweit sieht: Man kann sie schlagen, sie können nicht gewinnen. Das wäre ein wichtiger Beitrag zu unserer eigenen Inneren Sicherheit.

 

Worin besteht nach Ihrer Auffassung die große Herausforderung in der Region? 

Der sogenannte Arabische Frühling hat nicht automatisch zu mehr Freiheit und Demokratie geführt. Auf eine düstere Diktatur folgt nicht zwangsläufig eine helle Republik. Es kann auch zu neuer autoritärer Herrschaft kommen wie in Ägypten oder zu Chaos und Bürgerkrieg wie in Libyen und Syrien. Aber kann der Westen deshalb Diktatoren unterstützen, weil sie mit harter Hand für Stabilität sorgen? Nein, das dürfen wir auch nicht!

Jordaniens König Abdullah II. hat recht, wenn er sagt, der islamische Bürgerkrieg der im Moment viele Länder schüttelt, ist in erster Linie eine Angelegenheit, die von der islamischen Welt, hier von den Ländern der Region, ausgefochten werden muss. Es ist ihre Verantwortung, von der Türkei über den Iran bis Saudi-Arabien und Ägypten. Wir Europäer und Amerikaner sollten die anti-djihadistischen Kräfte unterstützen, aber uns nicht an ihre Stelle setzen.

 

Ist die Mandatsobergrenze angemessen?
Ich finde, Mandatsbeschlüsse sollten nach Möglichkeit ein gewisses Maß an Flexibilität lassen, sonst würden schon kleine Lageänderungen immer wieder neue Mandatsdebatten erfordern. Für den Nordirak ist jetzt die Größenordnung sicher richtig festgelegt, die konkrete Obergrenze 100 aber vielleicht etwas knapp.

 
Mit welcher Einsatzdauer ist zu rechnen?
Solange wie erforderlich. Das aktuelle Mandat gilt für ein Jahr.

 

Foto: Rainer Arnold

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