Intelligenter als die deutsche Wehrpflichtarmee sind die Streitkräfte unserer Partner in der Nato, die inzwischen zum Teil die Wehrpflicht abgeschafft haben, nicht. Die einen rekrutieren Freiwillige, die einen IQ von 80 nicht ganz erreichen, die anderen versprechen jungen Straftätern juristischen Ablass. Wer keine Wehrpflichtigen mehr „ziehen“ darf, nimmt zum Waffendienst, wen er kriegen kann. Das ist nicht gut für die Qualität der Auftragserfüllung, nicht schön für den Ton in der Truppe und ziemlich schlecht für die Einbindung der Streitkräfte in die ganze Gesellschaft.
Das Militär wird dem Zivilen fremd. 2003 kamen 120000 junge Männer als „W9“-Grundwehrdienstleistende, als „FWDL“-Freiwillig-zusätzlich-Wehrdienstleistende (für maximal 23 Monate) und als Zeitsoldaten zur Bundeswehr. Dieses Rotationsprinzip der Staatsbürger in Uniform sichert die Aufwuchs- und Rekonstitutionsfähigkeit der Truppe und ist längst nicht so teuer wie eine gleich große Zeit- und Berufssoldatenarmee. Den neuen Aufgaben von auch global einsetzbaren Stabilisierungs- und Eingreifkräften kann und muss die Wehrpflicht jetzt angepasst werden.
Natürlich bleibt „Wehrgerechtigkeit“ in einer Zeit, da die Bundeswehr von 495000 Soldaten (1989) auf 250000 (2006) halbiert werden kann, ein heikles Thema. Dafür dauert der Grundwehrdienst nicht mehr 18 oder 15 Monate wie im Kalten Krieg, sondern heute neun, vielleicht später auch sechs Monate. Von 437000 Männern des Geburtsjahrgangs 1986 wird die überwiegende Mehrheit zu einem Dienst antreten: in der Bundeswehr, bei BGS, Polizei, Zivil- und Katastrophenschutz, in der Entwicklungshilfe, als Zivildienstleistender im Krankenhaus, in Senioreneinrichtungen, bei der Hilfe für Schwerstbehinderte oder in der Jugendarbeit.
Wenn wir nun über die Zukunft der Wehrpflicht neu entscheiden, sollte uns bewusst sein, dass es hier nicht in erster Linie um mehr oder weniger Freizeit für 18-jährige geht, sondern um die sehr grundsätzliche Frage, ob Militär, zumal in Deutschland, eine Veranstaltung der ganzen Gesellschaft ist oder eine lästig gewordene Dienstleistung, die man genauso gut outsourcen kann.