Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege Dr. Hans-Peter Bartels.
(Beifall bei der SPD)
Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, viele Fragen sind heute noch offen:
(Michael Brand [CDU/CSU]: Welche? – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Welche denn?)
Verheimlichung von Informationen, Kosten, Verantwortung, Konsequenzen. Aber eines ist heute doch schon ganz klar geworden: Dieser Minister ist entzaubert.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Von großer Regierungskunst kann bei Minister de Maizière nun wirklich keine Rede sein.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Michael Brand [CDU/CSU]: Dann brauchen Sie es ja gar nicht erst zu versuchen!)
Dieses angeblich so Preußische, dieses Vornehm-Hugenottische, dieses besonders Korrekte und Akkurate,
(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Nur kein Neid!)
das steckt in seinen großen Reservekanzler-Interviews. Damit kokettiert er in seinem Buch. Aber dieses Preußisch-Korrekte gibt es in Wirklichkeit gar nicht.
(Michael Brand [CDU/CSU]: Ãœbermut tut selten gut!)
Dieser Minister kennt sein Ministerium nicht, und er will es nicht kennen. Dieser Minister kennt seine Rüstungsprojekte nicht, und er will sie nicht kennen. Dieser Minister ist weder stark im Überblick über die Aktenlage, noch überblickt er den Gesamtzusammenhang. Aber im Reden über sein Büroklammerimage, über seine Akkuratesse, über Pflicht und Verantwortung, da ist er stark. Herr Minister, wie können Sie, Monate nachdem die Euro-Hawk-Probleme Ihre Hausspitze erreichten, bei der NATO für genau so ein neues Projekt werben – NATO-AGS – und eine halbe Milliarde Euro deutscher Haushaltsmittel dafür zusagen? Warum sagen Sie der NATO nichts von den Problemen?
(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Das wissen Sie doch!)
Weil man Sie angeblich selbst nicht informiert hat? Das ist nicht akkurat, Herr Minister. Das ist fahrlässiges Vorenthalten von Informationen. Warum legen Sie Ihren Kabinettskollegen einen Schönwetterbericht vor, in dem unter den 30 strukturbestimmenden Hauptwaffensystemen der Bundeswehr auch Euro Hawk und Global Hawk stehen? Am Tag dieser Kabinettssitzung entscheidet Ihr Staatssekretär: Wir stoppen das. – Warum haben Sie das nicht selbst gestoppt, Herr Minister? War es nicht wichtig genug? Und warum nicht vorher? Was heißt überhaupt „gestoppt“? Bisher ist überhaupt kein Vertrag gekündigt. Das Haushaltsgeld fließt weiter an die Firmen, oder? Das ist nicht akkurat. Das ist Vortäuschung falscher Tatsachen. Herr Minister, Ihr preußisches Image steht heute nicht für Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit. Es steht für einen obrigkeitlichen Stil, den Sie pflegen, und der ist nicht gut für die Bundeswehr.
(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Keine einzige Aussage zur Sache! Typisch!)
Bei der Vorstellung Ihrer Bundeswehrreform sagten Sie wörtlich:
Wer sich einbringen und mitgestalten kann, wird schnell seinen Platz finden … Wer dies nicht kann, hat keinen Platz.
Was sollte das heißen: „hat keinen Platz“? Heißt das, Kritik ist nicht erwünscht? Grundstellung einnehmen und „Jawohl, Herr Minister“? Sie müssen sich nicht wundern, wenn in Ihrem Ministerium nicht mehr offen geredet wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Michael Brand [CDU/CSU]: Wer sagt denn das? – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Ach ja? Woher wollen Sie das denn wissen? Das ist absurd!)
Das ist zum Schaden der Bundeswehr und zu Ihrem persönlichen Schaden; denn Sie sind verantwortlich für den Geist, in dem das Ministerium arbeitet. Das ist ganz offensichtlich kein guter Geist.
(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Und Sie sind der Geist aus der Flasche!)
Ihre obrigkeitlich bestimmte Bundeswehrreform und all die Übergangsschmerzen, die sie macht, sind Beispiele für schlechtes Regieren. Die Drohnenaffäre ist ein weiteres Beispiel für den unguten Geist, in dem Sie regieren.
(Michael Brand [CDU/CSU]: Wie schäbig reden Sie eigentlich von Soldaten?)
Sie haben gesagt, Sie behielten sich personelle Konsequenzen vor. Was ist das für ein Satz: „Sie behalten sich vor“? Wissen Sie nicht, was Sie tun sollen? Wissen Sie immer noch nicht, wer was zu verantworten hat? Dann, Herr Minister, sage ich Ihnen, wer dafür verantwortlich ist, wem er im Verteidigungsministerium Verantwortung überträgt, wer etwas zu entscheiden hat und wie Ihr Ministerium arbeitet. Die Verantwortung tragen Sie, und Sie werden ihr nicht gerecht.
(Beifall bei der SPD – Gerhard Drexler [FDP]: Wir sind doch hier nicht bei Wünsch dir was!)
Ziehen Sie die Konsequenzen, Herr Minister, und ziehen Sie sie für sich selbst!
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Der Geist aus der Flasche! – Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Peinlich!)
PDf-Dokument