Rede von Dr. Hans-Peter Bartels, MdB,
anlässlich von Vereidigung und Feierlichem Gelöbnis an der Marineunteroffizierschule am 20. November 2014 in Plön

Soldatinnen und Soldaten,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

ich freue mich, heute hier in Plön bei Ihnen zu sein.

 

Vor wenigen Monaten, am 20. Juli diesen Jahres, sprach Berthold Schenk Graf von Stauffenberg, der Sohn des berühmten Widerstandskämpfers, beim Feierlichen Gelöbnis auf dem Paradeplatz des Bendlerblocks. Dort ist heute der Sitz unseres Verteidigungsministeriums. Damals, 1944, war es die Zentrale des militärischen Widerstands gegen Hitler. In seiner Ansprache ist Stauffenberg auf die Bedeutung der Eidesformel eingegangen.

 

Die Formel, die Sie gleich sprechen werden, sagt er, verlangt Ihnen zunächst einmal nichts Außergewöhnliches ab. Der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes zu verteidigen – das kann man eigentlich von jeder Bürgerin und jedem Bürger unserer Demokratie erwarten.

 

Jede und jeder kann jeden Tag etwas dafür tun, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes zu verteidigen.

 

Dazu gehört, dass man Unrecht bemerkt, wenn es geschieht. Und dass man widerspricht. Und nicht mitmacht. Und sich widersetzt.

 

So haben es Hunderttausende Deutsche gemacht, die damit vor 25 Jahren dazu beigetragen haben, den Unrechtsstaat DDR zu überwinden.

 

Und auch im vereinten Deutschland ist es nötig, wachsam zu bleiben und zu widersprechen, wenn zum Beispiel gegen „Ausländer“ gehetzt wird oder unsere demokratische Lebensform verächtlich gemacht wird.

 

Was also ist das Besondere an Ihrem Dienst und Ihrem Eid? Das Besondere an Ihrem Eid und Gelöbnis ist, dass Sie sich zur Tapferkeit verpflichten. Sie werden schwören oder geloben, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. Was bedeutet das?

 

Ich möchte hier wieder auf den Stauffenberg-Sohn zurückkommen. Er sagt: „Tapfer heißt, die eigene und ganz natürliche Furcht zu überwinden, letzten Endes bis zum Einsatz des eigenen Lebens.“

 

Das ist der Unterschied. Deshalb ist es etwas Besonderes, Soldat zu sein.

 

Die Selbstverpflichtung zur Tapferkeit bedeutet auch: Sie dürfen Angst haben. Furcht ist kein Zeichen von Schwäche. Im Gegenteil. Mit der Furcht umzugehen – und trotz der Furcht zu handeln: Gerade das macht Tapferkeit aus.

 

Sie trauen sich das zu. Deshalb stehen Sie hier. Seit 2011 ist die allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt und die Bundeswehr eine reine Freiwilligenarmee. Sie alle haben sich freiwillig und bewusst für den Dienst in der Bundeswehr entschieden.

 

Als Soldatinnen und Soldaten auf Zeit oder als freiwillig Wehrdienstleistende verlassen Sie möglicherweise zum ersten Mal für längere Zeit Ihr Zuhause. Sie verlassen auch den zivilen Rahmen, in dem Sie sich bisher bewegt haben.

 

Aber Sie bleiben Staatsbürgerin und Staatsbürger in Uniform. Sie sollen weiterhin eigenverantwortlich denken und handeln.

 

Unsere Bundeswehr wird nur eingesetzt, wenn das deutsche Parlament dem zugestimmt hat. Die Bundeswehr steht in der Mitte unserer Gesellschaft, und sie ist von der Gesellschaft hoch anerkannt.

 

Zugleich gibt es immer Mitbürger, die Kritik an ihr üben. Das ist gut. In unserem Land ist Kritik nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht. Die Freiheit, die deutsche Streitkräfte im 21. Jahrhundert verteidigen, ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden. Sonst wäre es keine Freiheit.

 

Die Bundeswehr ist heute eine Armee im Einsatz. Viele von Ihnen werden einmal an einem Auslandseinsatz teilnehmen. Das vereinte Deutschland ist, was den Einsatz von Militär angeht, aus guten Gründen eine zurückhaltende Nation. Wir wollen allen anderen Lösungen den Vorzug geben vor der militärischen Lösung.

 

Aber es gibt Situationen, in denen der Einsatz etwa unserer Marine unvermeidbar ist – Seite an Seite mit unseren Verbündeten.

 

Frieden ist kein Zustand, der einmal erreicht wird und dann auf alle Zeit Bestand hat. Die gegenwärtigen Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten erinnern uns schmerzlich daran, dass dies nicht so ist. Frieden ist bis heute keine Selbstverständlichkeit. Nicht vor der Küste des Libanon, nicht vor der Küste Somalias. Auch nicht in Europa, das Hauptschauplatz zweier Weltkriege war.

 

Für Frieden müssen wir uns aktiv einsetzen.

 

Hierzu leisten Sie, Soldatinnen und Soldaten, durch Ihren Dienst in der Bundeswehr einen persönlichen Beitrag. Auf diesen Beitrag können Sie und Ihre Angehörigen heute Abend stolz sein. Als Vorsitzender des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages danke ich Ihnen dafür und wünsche Ihnen Freude am Dienst, Erfolg und immer eine glückliche Heimkehr.