Härteres Vorgehen gegen den Mißbrauch der Religionsfreiheit

Im Kampf um eine verstärkte innere Sicherheit ist in Deutschland auch das Vereinsgesetz abgeändert worden. Dabei handelt es sich nur um eine winzige Änderung – aber diese Revision ist gleichsam der Kern des deutschen Sicherheitspakets gegen den Terror. Der Paragraph 3, der das sogenannte Religionsprivileg umschrieb, wurde ganz einfach gestrichen. Er hatte bisher festgestellt, dass «Religionsgemeinschaften, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen», keine Vereine im Sinne des Vereinsgesetzes seien, also auch nicht verboten werden könnten.

Mehrfache Gefahrenmomente

Tatsächlich schützte im deutschen Rechtsstaat dieser quasi rechtsfreie Raum vor allem konfliktträchtige Sekten vor der Intervention des Staates. Selbst wenn elementare Grundrechte der eigenen Anhänger – Gesundheit und Leben, Willensfreiheit, Familie oder Eigentum – durch eine sektiererische Organisation unter dem Deckmantel der Religionsausübung verletzt werden, blieb die Organisation bisher unantastbar. Das soll sich nun ändern, weil zu den herkömmlich bekannten Gefahren, die von PsychoVereinigungen wie «Scientology» oder VPM und Weltuntergangssekten wie «Fiat Lux» oder «Metharia» ausgehen, ein neuer Gefahrenkomplex ins öffentliche Bewusstsein getreten ist, der fundamentalistischislamistische Terror gegen sogenannt Ungläubige.

Islamischer Extremismus, das war in Deutschland bis zum 11. September letzten Jahres ein Spezialthema für Orientexperten beim Verfassungsschutz. In den offiziellen Sektenberichten und drucksachen des Bundes und der Länder tauchte dieser Sektenimport gar nicht erst auf, weil sich niemand damit auskannte. Dabei müsste solch ein fundamentalistischer Rahmen, wo Religion und Politik, Ökonomie und Heilkunde in eins fallen, den Sektenexperten durchaus vertraut vorkommen. Die Änderung des Vereinsrechtes stellt jetzt noch einmal den Zusammenhang her. Islamisten in ihren zahllosen, aggressiven, einander ausschliessenden und bekämpfenden Gruppen und Splitterorganisationen sind nicht selten gefährliche Sektierer, wie andere auch. – Menschen können sich und anderen Schreckliches antun, weil innerhalb ihrer Sekte radikal andere Regeln gelten als ausserhalb. Die Gruppe kapselt sich und ihre Aktivitäten weitgehend von der Umwelt ab. Sie löst ihre Anhänger aus deren sozialen Beziehungen und bindet sie immer stärker an die Gruppe. Das Heilsversprechen der Lehre des Meisters wird mit einem exklusiven Absolutheitsanspruch vertreten, die Anhänger gehören zur Menschheitselite. Gruppendruck, gegenseitige Kontrolle, Streben nach der Beherrschung der Gedanken, eine gruppenspezifische Sprache und eine autoritäre Führung zeichnen oft das schon im Kleinen verwirklichte «wahre» Denken der Gemeinschaft aus. Gegenüber der pluralistischen Gesellschaft werden Verschwörungstheorien bis hin zum Verfolgungswahn gepflegt. Abtrünnige sind Todfeinde.

Der Terror beginnt stets im Kopf

Auf diese totalitäre Weise waren auch die Bolschewisten und ihre Epigonen weltweit organisiert; das Sektiererische der NaziIdeologie und des Nazi-Kults ist oft beschrieben worden. Nicht immer aber erkennt man auf den ersten Blick die äussere Sektenstruktur. Manche Kinder in Gaza werden in fanatische Terrorgruppen hineingeboren, mit sechs Jahren tragen sie Bombenattrappen am Körper. Und der Hamburger Student Mohammad Atta, einer der Al-Kaida-Piloten von New York, muss für das, was er tat, einer Gehirnwäsche unterzogen worden sein. Der Terror beginnt stets im Kopf, und meist im Kopf von Sektierern, die bei allem, was sie geographisch, historisch und ideologisch trennt, einig sind im mehr oder weniger bedingungslosen Kampf gegen Pluralismus und Freiheit.

Das Weltbild dieser Terroristen ist hermetisch, sie fühlen sich als Übermenschen. Aber da sie Menschen sind, kann man sie besiegen. Mit Inkrafttreten der neuen Regelung des deutschen Vereinsrechts, also der Abschaffung des Religionsprivilegs, ist das Innenministerium sofort aktiv geworden. Es hat die bundesweit operierende «Kalifatsstaat»Sekte des «Kalifen von Köln» verboten. Der «Kalif» selbst, Metin Kaplan, sitzt gegenwärtig eine vierjährige Haftstrafe ab, wegen Aufrufes zum Mord.