Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu einem Komplex ein paar Worte sagen, der hier noch nicht angesprochen wurde: die Beteiligung von Bundeswehrsoldaten. Genauer gesagt, handelt es sich um einen Hauptfeldwebel der Bundeswehr, einen aktiven Feldjäger, der im März 2006 auffällig geworden ist. Zu diesem Zeitpunkt wurde dem Ministerium bekannt, dass er offenbar versuchte, Kameraden für eine Ausbildungstätigkeit in Libyen anzuwerben, und dass er selbst dort tätig werden wollte.
Das Ministerium hat diesen Vorgang sofort und konsequent aufgearbeitet, und zwar indem die weitere Anwerbung unterbunden wurde. Der Soldat wurde von seinem Dienst suspendiert und bekam Uniformtrageverbot. Ein Disziplinarverfahren wurde eingeleitet. Von diesem Bundeswehrsoldaten und auch von anderen Bundeswehrsoldaten hat es keine Ausbildungstätigkeit in Libyen gegeben.
Es ist wichtig, hier festzuhalten: Einen Komplex Bundeswehr hat es in dem, was tatsächlich stattgefunden hat, nicht gegeben. Den Versuch hat es zwar gegeben, dieser wurde aber durch die Bundesregierung unterbunden.
Es wurde jetzt im Übrigen angekündigt, dass auch der Nebentätigkeitserlass des Ministeriums daraufhin überprüft werden muss, wie genau man erfassen kann, was an Nebentätigkeiten ausgeübt wird. Denn dieser Soldat hatte eine Nebentätigkeitsgenehmigung für Sicherheitsdienstleistungen, aber nicht für diese.
Worüber wir heute reden – ich glaube, das ist in der Aktuellen Stunde deutlich geworden –, ist kein Skandal der Regierung, sondern ein Polizeiskandal. Es ist in der Tat ein Skandal, wie Kollege Wiefelspütz und andere gesagt haben, wenn sich deutsche aktive Polizeibeamte in ihrem Urlaub nicht erholen, sondern ins Ausland fahren, um dort Schulungen durchzuführen, wenn sie sich offenbar krankmelden, um Schulungen durchzuführen, wenn sie Anträge auf Nebentätigkeitsgenehmigung gar nicht erst stellen, weil sie nicht genehmigt werden würden, und trotzdem Schulungen durchführen. Das kann nicht sein. Das ist rechtswidrig. Das muss geahndet werden. Das muss disziplinarisch verfolgt werden. Man muss Mechanismen finden, die so etwas für die Zukunft unterbinden.
Wir haben heute einen bemerkenswerten Konsens herstellen können – das habe ich Reden aus allen Fraktionen,
Bundesregierung eingeschlossen, entnommen –: Wir alle sind bereit, auf die neue Situation zu reagieren.
(Wolfgang Neškovic [DIE LINKE]: Sie ist nicht so neu! Vor zwei Jahren haben wir schon einen Anfrage gestellt!)
Sie besteht darin, dass Sicherheitsdienstleistungen, von privaten Firmen erbracht, ein Gegenstand von politischer und rechtlicher Regulierung sein müssen, jedenfalls wenn es um den Export geht.
(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sofern es geht! – Wolfgang Neškovic [DIE LINKE]: Wir haben schon vor zwei Jahren, und zwar auf Soldaten bezogen, gefragt!)
Wir leben nach dem Ende des Kalten Krieges in einer Welt, in der Gewalt und die Gefährdung von Sicherheit zunehmend von privaten Akteuren, von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht. Es gibt eine ähnliche Tendenz bei der Sicherheitsdienstleistung durch private Firmen im Auftrag von Staaten. Ich nenne die USA, die nicht nur im Irak davon Gebrauch machen. Staaten nehmen private Dienstleister für Aufgaben in Anspruch, die wir bisher für öffentliche Aufgaben gehalten haben.
Ich will ausdrücklich feststellen: Wir sind nach wie vor der Auffassung – dabei bleiben wir auch –, dass Sicherheit eine öffentliche Aufgabe ist, insbesondere wenn sie ins Ausland exportiert werden soll. Das wollen wir nicht privatisieren.
(Beifall bei der SPD)
Aber wir brauchen eine Regelung dafür. Wenn solche Trainingsmaßnahmen – darüber reden wir jetzt – reguliert werden sollen, dann kommt nur eine Regelung in Betracht, die dem Recht für Rüstungsgüter im Rahmen der Rüstungskontrolle nachempfunden ist, auch wenn es sich eben um eine Dienstleistung handelt.
(Wolfgang Neškovic [DIE LINKE]: Genau das!)
Die Unterscheidung zwischen Gütern und Dienstleistungen wird zunehmend künstlich. Gleiches gilt für die Unterscheidung zwischen Software und Hardware. Manchmal ist die Dienstleistung wichtiger. Es hat einen Exportantrag für 140 SIG-Sauer-Waffen gegeben. Dieser wurde abgelehnt, aber das Training konnte – wahrscheinlich mit anderen Waffen – stattfinden. Es kann nicht sein, dass hier unterschiedlich vorgegangen wird, wobei ich mir durchaus vorstellen kann, dass man hier eine andere Regelung – möglicherweise aus dem Baurecht – findet. Möglicherweise gibt es hier eine vergleichbare Rechtskonstruktion, wie sie sich bei der Übernahme von deutschen wehrtechnischen Unternehmen durch – wie es im Gesetz heißt – gebietsfremde Unternehmen bewährt hat, indem wir sagen, dies muss angezeigt werden. Wer als deutsche Firma eine Sicherheitsdienstleistung im Ausland erbringen will, der muss dies anzeigen. Wenn innerhalb von vier Wochen nichts passiert, dann ist es okay. Wenn die Bundesregierung und das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle widersprechen wollen, dann muss dies innerhalb von vier Wochen erfolgen. Danach gibt es kein Problem mehr. Das könnte ein praktikabler Weg sein. Ich freue mich, dass wir heute offenbar alle zu der Überzeugung gekommen sind, dass wir in Zukunft darüber reden müssen, wie wir in dieser Wahlperiode eine Regelung schaffen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
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