Berichtszeitraum: 18. April 2009 – 14. Juni 2010

I. Wahlkampf und Bundestagswahl 2009
Dass es bei der Bundestagswahl am 27. September 2009 nicht leicht werden würde, als Juniorpartner aus einer Großen Koalition heraus gegen die amtierende Kanzlerin zu gewinnen, war uns vorher klar. Wir hatten noch schwierige Themen aus der Schröder/Fischer-Zeit im Gepäck (Agenda 2010, Hartz IV, Afghanistan), aber statt Schröder jetzt Steinmeier als Spitzenkandidaten; dazu Steuerpopulismus von der FDP und Anti-SPD-Populismus von der Linkspartei. Das konsequente Regierungsmanagement in der Finanz- und Wirtschaftskrise, mit dem vor allem Peer Steinbrück und Olaf Scholz das Übergreifen der Krise auf den deutschen Arbeitsmarkt verhindert
hatten (Kurzarbeitergeld, Konjunkturpakete) schlug auf den Wahlkampf kaum durch; dafür die großkoalitionäre Ankündigung des Übergangs zur Rente mit 67 bis 2029 um so mehr. Wir waren im Herbst 2009 nicht gerade in der Offensive. Aber mit diesem Absturz hat kaum jemand gerechnet: um über elf Prozentpunkte auf 23 Prozent; von 222 auf 146 Abgeordnete im Bundestag;
von 9 auf 6 SPD-MdB aus Schleswig-Holstein; Halbierung der SPD-Stimmen seit 1998, von 20 auf 10 Millionen.
Dass die Stimmenverluste in Kiel proportional insgesamt weniger drastisch ausfielen als im Bundes- und Landesschnitt ändert nichts am schlimmen Trend. Im Wahlkreis 5 (mit Kronshagen und Altenholz) sackten wir nach Zweitstimmen von 41,5 bei der Wahl 2005 auf 29,6 Prozent (minus 11,9), blieben aber stärkste Partei vor CDU (von 28,8 auf 25,4 Prozent), Grünen (von 12,7 auf 17,2 Prozent), FDP (von 8,9 auf 13,4 Prozent) und Linkspartei (von 5,9 auf 9,4 Prozent). Bei den Erststimmen ging mein Ergebnis von 50,7 auf 38,3 Prozent (minus 12,4) zurück, das der CDU-Mitbewerberin sank von 33,9 auf 30,1. Der Vorsprung schmolz von knapp 17 auf gut 8 Prozentpunkte.
Allerdings gibt es nicht mehr viele Wahlkreise, wo es überhaupt solche Vorsprünge gibt. Das Splittingverhalten von Grünen-Wählern (13,2 Erstimmenprozente) und Linken (8,3) trug wie überall in Deutschland weniger als sonst zum SPD-Kandidatenergebnis bei (zusammen maximal 5,1 Prozentpunkte).  Erststimmen Richtung SPD dürften aber auch von FDP- und Piratenpartei-Wählern gekommen sein. Im Stadtgebiet Kiel (ohne Altenholz und Kronshagen) beträgt die Erstimmendifferenz SPD/CDU sogar 10 Prozentpunkte (38,9 zu 28,8).
In Erwartung eines schwierigen Hochburg-Wahlkampfes (nach gewonnenen Kommunal- und OB-Wahlen) hat unsere sehr souveräne Wahlkampfkommision für die Doppelkampagne Bund/Land stark auf lokale Personalisierung und Kiel-Kompetenz gesetzt: mit dem plakativen Slogan „Erststimme ist Kiel-Stimme“, „4 für Kiel“, „Arbeit für unsere maritime Industrie“ und „Keine Privatisierung des UKSH“. Diese Kieler Linie war neben den Bundes- und Landes-Themen und -Köpfen ziemlich gut erkennbar.
Es gab zur Bundestagswahl drei Postwurfsendungen: die Zeitung „Wahlzeit für Kiel“, den MdB-Kandidatenbrief und den „Vier-für-Kiel“-Flyer. Dazu einzelne Stadtteilmailings und Verteilungen, inklusive OV-Bürgerzeitungen. Weitere Verteil-Materialien aus eigener Werkstatt waren die „Kleine Wahlhilfe“ für Jungwähler, ein Kiel-Postkarten-Leporello, ein „4-für-Kiel“-Kaffee-Stick, und
ein besonderer Senioren-Flyer.
Große Verdienste um die Verteil-Aktionen (Schulen, Betriebe, Taxen, Kneipen) und die Präsenz am Zentralen Infostand erwarben sich wieder die Jusos, die AG 60plus und die AfA; mit ihren dezentralen Ständen die Kieler OVs und die Genossinnen und Genossen in Altenholz und Kronshagen. Ein besonderer Aktivposten auf der aktuellen Wahlkampf-Homepage war die Bookcrossing-Aktion, gestartet vor Wahlkampfbeginn mit einem „Kick-off“ im Literaturhaus.
Wie üblich waren unsere politischen Veranstaltungen unterschiedlich gut besucht, aber ein unbedingt notwendiges Informationsangebot an interessierte Wählerinnen und Wähler: die beiden Steinmeier-Termine im Legienhof (Bildungskonferenz) und auf dem Rathausplatz (Kundgebung), die Piraterie-Diskussion mit Dieter Wiefelspütz und „Sex and the City“ in der Seeburg,
„Bartels trifft … Ulf Daude“ im Bürgerhaus Kronshagen, Patientenverfügung beim SV Friedrichsort, Trauernicht/Voigt zum Atomausstieg in der Uni und Olaf Scholz im Legienhof.
Dazu: SPD-Sommerfeste in der Lutherstraße, in Ellerbek, Suchsdorf, Mettenhof, Schilksee und im Schrevenpark, Schinkenbrotessen beim OV Russee, ein Stadtteilrundgang in Schilksee, eine Fahrradtour mit dem OV Süd-West, eine Bootstour mit Jugendvertretern und OB Albig, eine Telefonaktion in die Partei hinein, Rosen- und Brotdosen-Verteilen zu Beginn des Kindergartenjahres, ein Aktionstag der IG Metall bei Lindenau, Fastenbrechen bei der AWO in Mettenhof und im Mega Sarai in Gaarden, ein Flohmarktstand vom Jungen Team (zugunsten des Vereins Kieler
Jugenderholung), das TV-Duell in der Sportsbar, Einladungen zu den verdi-Senioren und dem Verein Lebensfreude.
Diesmal gab es relativ wenige Podiumsdiskussionen mit Kandidaten aller Parteien: Ich war beim Kolpingwerk (Brigitte-Thomas-Kirche in Mettenhof), bei Amnesty (Uni), bei einer städtischen frauenpolitischen Diskussion (Nikolaikirche), bei verdi (Legienhof), beim Landesjugendring (Berufsschule
Gaarden) und bei der Bekanntgabe der „Jugendwahl“-Ergebnisse in Mettenhof.
Am Ende hat sich der Einsatz für Kiel gelohnt. Wir haben mit kämpferischer Stimmung meist relativ unverdrossen dem Zeitgeist getrotzt. Viele haben mitgeholfen, von der Plakatierung, über Beiträge für Zeitungen, Flyer und Internet, bis hin zu Infoständen und Veranstaltungen. Es lief –
und wenn nicht rund, dann manchmal eckig. Und wenn die Umfragen uns nicht motivierten, mussten wir es eben gegenseitig tun, so etwa bei den wöchentlichen Wahlkampfstammtischen in der Forstbaumschule. Dank an alle, die dabei waren. Aber das alles wirkt von heute aus so, als sei es schon wieder sehr lange her, so viel ist inzwischen passiert.
II. Arbeit im Wahlkreis
Die ersten Wochen nach dem großen SPD-Wahldesaster im Bund und in Schleswig-Holstein waren mit Analysen und Aufarbeitungsdiskussionen angefüllt: im Kreisverband, im Kreisausschuss, auf OV-Versammlungen und – was Schleswig-Holstein anging – Regionalkonferenzen.
Von Kiel können auch für die Erneuerung der Partei in Land und Bund Impulse ausgehen, sowohl was die Organisation von politischer Arbeit angeht als auch politisch-programmatisch.
Im Berichtszeitraum war ich zur Diskussion beim Juso-KV und der Juso-HSG an der Uni, bei der FH-HSG, bei den OVs West-Altstadt, Mitte, Russee-Hammer, Wik, Schilksee, Ellerbek, Altenholz, Kronshagen, bei 60plus und der ASF, beim AfA-LaVo, beim SPD-Neumitgliedertreffen und zur Aschermittwochsrede in der Wik (Seglervereinigung).
Da es in Plön keinen sozialdemokratischen Wahlkreisabgeordneten mehr gibt, habe ich die Betreuung der Kreises übernommen. Schon vor der Wahl hatte ich dort mit Michael Bürsch eine Fraktion-vor-Ort-Veranstaltung zum Ehrenamt, war bei der Wahlnachlese auf dem Kreisparteitag und zu öffentlichen SPD-Veranstaltungen in Plön, Lütjenburg und Kleinbarkau.
Standortbesuche bei der Bundeswehr und sicherheitspolitische Diskussionen hatte ich außerhalb Kiels bei der Heeresflugabwehrschule in Rendsburg, beim Celler Trialog, einer Fachtagung des Bundeswehrverbandes in Schleswig, im BW-Dienstleistungszentrum Plön und der Marineunteroffiziersschule Plön, beim Aufklärungsgeschwader 51 in Jagel, beim Marinefliegergeschwader 3 in Nordholz, beim Heeresflugabwehrregiment 6 in Lütjenburg, beim CAOC in Kalkar, und bei der US Army in Hohenfels.
In Kiel gab es häufiger Treffen mit Personalrat und Vertrauenspersonen des MFG 5 wegen der Verlegungspläne des Verteidigungsministeriums; außerdem Termine im Marinestützpunkt, im ZInst/SchiffMedInst Kronshagen (mit BM Jung/CDU) und im Marinearsenal. Aktiv teilgenommen habe ich am Stadtorttag des BW-Verbandes, an den Kamingesprächen und am großen sicherheitspolitischen Forum des SH-Reservistenverbandes in Kiel, habe mit verdi-Betriebsräten aus dem BW-Rüstungsbereich und in der Hermann-Ehlers-Akademie mit Soldaten diskutiert.
Gemeinsam mit meinem damaligen schleswig-holsteinischen Bundestagskollegen Jörn Thießen, dem Bundeswehr- und dem Reservistenverband gab es 2009 zum zweiten Mal ein sicherheitspolitisches
Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kiel, diesmal mit dem (damaligen) Wehrbeauftragten Reinhold Robbe und dem Kommandeur der Einsatzflotille 1, Admiral Brinkmann; sehr gut besucht (im Ostseehallen-Anbau).
Die Zusammenarbeit mit verdi und dem Bundeswehrverband auf lokaler Ebene bewährt sich auch bei der Herausgabe des „Kiel-Passes für Wehrdienst- und Zivildienstleistende“, inzwischen zum sechsten Mal. Mit dem AK Bundeswehr der Kieler SPD und dem AK Wehrtechnik der IG Metall ist die Zusammenarbeit gut.
Im Berichtszeitraum hatte ich eingeladen zu fünf Fraktion-vor-Ort-Veranstaltungen in den Legienhof zu den Themen „Internationaler Terrorismus“ (mit BKA-Präsident Jörg Zierke und Landesverfassungsschutz-
Chef Horst Eger), „60 Jahre Grundgesetz“ (mit Ex-Justizminister Schmidt- Jortzig und Norbert Gansel), „Wo sind die Intellektuellen?“ (mit dem Präsidenten des deutschen PEN-Clubs Johano Strasser), „Wie weiter mit der SPD?“ (mit Matthias Machnig und Ralph Müller-Beck) und „Gesundheitsreform“ (mit Karl Lauterbach und Bernd Heinemann). Alle Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen waren gut bis sehr gut besucht (Lauterbach: 240 Teilnehmer).
Der Historische Stammtisch, zu dem ich gemeinsam mit Jusos und AG60plus einlade, fand zweimal statt, mit Jürgen Weber zur Jusogeschichte (Gewerkschaftshaus) und mit Rolf Fischer zu seiner Hermann-Lüdemann-Biografie (Legienhof).
Vor dem Wahlkampf habe ich bei der „Ethik-und-Politik“-Ringvorlesung der Christian-Albrechts-Universität zum Thema „Demokratie lernen und leben – kein Problem?“ referiert und beim „Mettenhofer Forum“ der SPD zum Thema Migration diskutiert. Außerdem gab es Diskussionsrunden mit FES-Stipendiaten im Institut für Weltwirtschaft (Prof. Foders), mit Studierenden aus dem Medienbereich an der FH Kiel (Prof. Hauck) und mit Politologie-Studenten an der CAU (Dr. Knelangen).
Die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften in Kiel ist weiterhin eng und vertrauensvoll. Im Berichtszeitraum fanden sieben „Frühstücksgespräche“ (eingeladen von Wolfgang Mädel und mir) mit Gewerkschaftssekretären, Betriebs- und Personalratsvorsitzenden sowie Kieler SPD-MdL und Rathausspitze statt. Neuerdings ist das eine Wanderveranstaltung geworden, die nicht mehr im Legienhof, sondern reihum in den Betrieben stattfindet. Zur Diskussion zur Lage nach der Wahl war ich auch bei der Betriebs- und Personalrätekonferenz von verdi und bei den IGMetall-Senioren.
Betriebsbesuche und Gespräche mit Betriebsräten und Geschäftsführungen hatte ich bei Karstadt, Raytheon-Anschütz, GSM, Vossloh, Heidelberger Druck, Metropol Personalservice, Caterpillar, HDW, Tischendorf, Thales, KN/Tabel und im Radiozentrum Kiel (RSH, Nora, Delta).
Einen „Gesprächskreis Wirtschaft“, zu dem ich mit Rofl Fischer gemeinsam Kieler Manager und Unternehmer einlade, gab es im Berichtszeitraum bei Caterpillar, Referent war der Landesrechnungshof-Präsident Aloys Altmann zur „Schuldenbremse“.
Zu Schulbesuchen war ich in den Gymnasien Altenholz und Wellingdorf, in meiner alten Max-Planck-Schule, in der Gebrüder-Grimm-Schule Kronshagen (zum Vorlesetag), im Ernst-Barlach-Gymnasium, in der Regionalschule Altenholz und im Hans-Geiger-Gymnasium (anlässlich derEuropawoche).

Außerdem habe ich besucht: die Polizeidirektion Kiel, das Rathaus Kronshagen, die IHK, die Intendanz der Kieler Bühnen, das Photo- und Medienforum Kiel, die Friedensgruppe Altenholz, den TSV Altenholz, das Europäische Verbraucherzentrum, die Arabische Gesellschaft, die Ahmadiyya-Gemeinde, die Jüdische Gemeinde in Gaarden, den Verein Migration und den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge.
Nach der Wahl habe ich viermal an bestimmten „Thementagen“ Kieler Einrichtungen besucht: „Zivildienst“ (AWO, Drachensee Werkstätten, Zivildienstschule), „Arbeitsvermittlung“ (Regionaldirektion, Arbeitsagentur, Jobcenter Kiel, Sozialzentrum Gaarden), „Gaarden“ (Berufsschule, TuS Gaarden, Sport- und Begegnungspark, Katzheide, Intertürk-Spor, Schwimmhalle), „Nazi-Gewalt“ (Verfassungsschutz, Hansastr. 48, Initiativenzentrum, Zapata), jeweils in Begleitung von sozialdemokratischen
Mandatsträgern anderer Ebenen.
Mit den und für die Kieler und Plöner Jusos haben Susanne und ich ein recht schönes Grundlagenseminar in Malente durchgeführt. Im Rahmen unseres Parlamentarischen Patenschaftsprogramms mit dem US-Kongress ist zur Zeit ein Kieler Schüler drüben, ein US-Teilnehmer bei uns; zwei Kieler sind für 2010/2011 ausgewählt – bright young people.
Diese doch sehr breit angelegte Basisarbeit im Wahlkreis mag aufwendig erscheinen, aber sie hilft ohne Zweifel dabei, auch in schwierigen Situationen gesprächsfähig zu sein. Und ich nehme eine Menge Informationen, Argumente, Erfahrungen und Anregungen mit nach Berlin.
Natürlich gibt es nach wie vor die monatliche Sprechstunde (Ankündigung in den KN), und die beliebten Berlin-Fahrten (des BPA), jetzt drei Mal im Jahr mit je 50 interessierten Bürgerinnen und Bürgern aus dem Wahlkreis. Dazu Schülergruppen, die vom Bundestag bezuschusst die Hauptstadt besuchen.
Ich bin Mitglied der Arbeiterwohlfahrt, der Gewerkschaft verdi, der Ferdinand-Tönnies- Gesellschaft, des Beirats für Geschichte, der Volksbühne, des Vereins Berliner Republik (stellv. Vorsitzender), des Kuratoriums der Königswinterkonferenz, des KTB, der TGD, des Vereins Arbeit für Behinderte, der Wohnungsgenossenschaft Esbjergweg, des Vereins Kulturladen Leuchtturm, des Vereins Industriemuseum Howaldtsche Metallgießerei, des Alumni-Vereins der Universität, des Ehemaligenvereins der Max-Planck-Schule, der Seemannsmission, des Förderkreises Heer, des Bundeswehrsozialwerkes und des Kuratoriums der Jugendpresse Schleswig-Holstein.
III. Arbeit in Berlin
In den vierzehn Monaten seit dem letzten Bericht bestimmten die Vorbereitungen der Bundestagswahl vom 27. September 2009 und ihre Folgen das politische Geschehen in Berlin vollkommen.
Dass die wiedergewählte CDU-Bundeskanzlerin mit ihrer „Wunschkoalition“ aus CDU, CSU und FDP so desaströs in die Wahlperiode starten würde, hatte nun auch wieder niemand erwartet. Allerdings gibt es im Gegensatz zu den Zeiten der Großen Koalition, als sie Präsidialkanzlerin sein konnte, jetzt eine kampfkräftige große Opposition, wo SPD (Gabriel) und Grüne (Trittin) in einigen wichtigen Fragen gut abgestimmt auftreten (Atomausstieg, Finanztransaktionssteuer, Gauck), und in der Eurokrise fehlten der deutschen Regierung Steinbrück und Steinmeier erkennbar an allen Ecken und Enden.
So gelang unser Start in die Opposition, die ja auch eine Zeit der Revision von Politik, Personal und Stil (wäre alles richtig gewesen, stünden wir nicht bei 23 Prozent!) sein muss, überraschend gut. Das alte Wahlprogramm (zu dem ich auch an einigen Stellen inhaltlich etwas beitragen konnte:
Bundeswehr, Demokratie, alternsgerechte Arbeit …) wurde nicht komplett verworfen, sondern wird Grundlage von Korrekturen (Rente mit 67, Hartz IV) und Weiterentwicklungen. Die schwierige Afghanistan-Debatte wurde in der SPD noch einmal neu aufgerufen und führte – wofür auch ich mich eingesetzt hatte – zu einer verantwortungsbewussten SPD-Beschlusslage (mehr Hilfen für zivilen Aufbau, mehr Ausbildung, mehr militärische Präsenz in der Fläche, Zeitplan für Zielerreichung, Abzugsperspektive 2013/15 beginnend 2011), an der sich dann auch die Bundesregierung mit ihrem Mandatsantrag orientierte. Dazu hatte ich etliche Diskussionsveranstaltungen innerhalb und außerhalb der SPD.
Mit den Steuergeschenken für Hoteliers und reiche Erben zu Beginn von Schwarz-Gelb, der (vielleicht der damals bevorstehenden NRW-Wahl geschuldeten) Entschlusslosigkeit in der Griechenland- und Eurokrise, der totalen sozialen Schieflage beim Sparpaket für die Haushaltskonsolidierung, der Unfähigkeit zu einer wirksamen und gerechten Gesundheitsreform (Rösler/Söder) und mit dem zum Regierungsstil erhobenen Verunglimpfungsjargon (Gurkentruppe, Wildsau, Rumpelstilzchen) steht das Kabinett Merkel/Westerwelle heute öffentlich schlechter da als jede
Vorgängerregierung zuvor.
Nach elf Jahren in einer regierungstragenden Fraktion musste ich einige Aspekte der Oppositionsarbeit erst lernen (Regierungsbefragung, Fragestunde, kleine Anfragen). Auf jeden von uns verbliebenen 146 SPD-Abgeordneten kommt mehr Arbeit zu – weil wir weniger sind und weil kein Regierungsapparat mehr hilfreich dahintersteht. Aber es funktioniert. Und Erfahrung hilft jetzt sehr.
Ich bin wieder Mitglied im Verteidigungsausschuss (von 11 SPD-Abgeordneten aus der letzten Periode sind noch genau 2 dabei, 6 neu) und wurde wieder zum stellvertretenden SPD-Sprecher gewählt. Meine Bewerbung als Verteidigungsausschussvorsitzender (wofür unserer Fraktion das Vorschlagsrecht zustand) wurde von der Arbeitsgruppe Sicherheits- und Verteidigungspolitik (wir 8 Sozialdemokraten im Ausschuss) mit deutlichem Votum unterstützt, scheiterte aber in der Fraktion:
Der Fraktionsvorsitzende hatte die ehemalige Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner (nach der Wahl stand uns nur noch ein Vizepräsidentenposten zu) vorgeschlagen, die sich dann auch mit knappster Mehrheit durchsetzte.
Recht bald konstituierte sich der Verteidigungsausschuss zusätzlich als Untersuchungsausschuss, um Führungs-, Verantwortungs- und Kommunikationsfragen rund um den Luftschlag bei Kundus am 4. September 2009 (mit etwa 100 Toten) aufzuklären. Der ehemalige Verteidigungsminister Franz-Josef Jung musste nach einer bemerkenswerten Debatte im Bundestag – zu der ich beitragen durfte – aus der Bundesregierung ausscheiden (er war inzwischen Arbeitsminister).
Im U-Ausschuss geriet der neue Verteidigungsminister und CSU-Überflieger Guttenberg in Bedrängnis, als es um die Umstände der Entlassung von Staatssekretär Wichert und Generalinspekteur Schneiderhan ging.
Das Hin und Her um die Wehrpflicht und das „Spardiktat“ (Guttenberg) für den Verteidigungshaushalt bestimmen im Augenblick die Debatte. Drastische Einschnitte sind zu erwarten, möglicherweise extremer (minus 100.000!), als aus sicherheitspolitscher Perspektive verantwortbar wäre. Wir beteiligen uns konstruktiv mit eigenen Maßstäben und Vorschlägen an der Diskussion um eine neue Bundeswehrstruktur. Die Veränderungen werden voraussichtlich auch Schleswig-Holstein und Kiel betreffen.
Ständiges Thema im Ausschuss sind für uns die laufenden Bündnismissionen auf dem Balkan, in Afghanistan, im östlichen Mittelmeer und am Horn von Afrika.
Auf Dienstreisen war ich im Berichtszeitraum in Moskau, Afghanistan (Kabul, Masar-e-Sharif, Kundus), in Montenegro, im Kosovo (Prishtina, Prizren), in Djibouti und in München zur Sicherheitskonferenz.
In den Zeitraum zwischen dem letzten und dem diesjährigen ordentlichen Kreisparteitag fallen zwei Bundesversammlungen zur Wahl eines Bundespräsidenten. Im letzten Mai habe ich sehr gerne Gesine Schwan, für die ich auch vorher bei uns geworben hatte, gewählt. Diesmal sollte es mir nicht schwerfallen, am 30. Juni Joachim Gauck statt Christian Wulff zu wählen.
Nach einiger Überzeugungsarbeit konnte ich in der SPD-Bundestagsfraktion eine Arbeitsgruppe „Demokratie“ gründen – aus gegebenem Anlass, wenn man sich Wahlbeteiligung, Mitgliedschaft in Parteien und gesellschaftlichen Institutionen, die Volatilität des Wahlverhaltens, gerade nach rechts- und linksaußen, die verbreitete Verächtlichmachung politischen Engagements und
die teils gelangweilte, teils aggressive Distanz zur parlamentarischen Demokratie des Grundgesetzes anschaut. Daneben wirke ich mit in der Steuerungsgruppe der „Zukunftswerkstatt Demokratie und Freiheit“ beim SPD-Parteivorstand und bin Mitglied der Grundwertekommission.
Ich bin Mitglied der Küstengang (Themen: Werften, Marine, Wasser- und Schifffahrtsverwaltung), der Netzwerk-Gruppe in der Fraktion und Mitherausgeber der Zweimonatszeitschrift Berliner Republik. Außerdem stellvertretendes Mitglied des Ausschusses für Bildung und Forschung.
Mit einigen Gleichgesinnten habe ich eine schöne Sammlung herausgegeben: „Das Vorwärts- Liederbuch“.
Mein Berliner Büro ist besetzt mit zwei wissenschaftlichen Vollzeitmitarbeitern und drei studentischen Teilzeitlern; das Kieler Team besteht aus fünf Teilzeitmitarbeitern.
IV. Offenlegung der Einkünfte
Für die Amts- und Mandatsträger der schleswig-holsteinischen SPD ist die Offenlegung durch Landesparteitagsbeschluss vom 16. April 1994 verbindlich geregelt. Ich folge hier dem Fragebogen der Landespartei.
Einnahmen aus Diäten (steuerpflichtig)
ab 01/2009 monatlich 7.649,99 €
Kostenpauschale
(für Büro-, Reise-, Unterkunfts- und Kommunikationskosten, Mehrkosten durch doppelte Haushaltsführung, mandatsbedingte Aufwendungen)
bis 12/2009 monatlich 3.868,00 €
ab 01/2010 monatlich 3.969,00 €
Sonstige mandats- bzw. amtsbedingte Einnahmen
„Arbeitgeber“-Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung monatlich 305,00 €
Liegen Einnahmen aus beruflicher Tätigkeit vor?
Nein.
Bestehen Abmachungen mit außerparlamentarischen Interessenten, aus denen sich persönliche Vermögensvorteile ergeben?
Nein.
Nachrichtlich:

Parteibeitrag monatlich 240,82 €
Sonderabgabe (LV/KV) monatlich 550,00 €
Fraktionsabgabe monatlich 130,00 €
Beitrag Landesgruppe monatlich 25,00 €
Beitrag Netzwerk monatlich 25,00 €