Berichtszeitraum: 1. September 2000 bis 31. August 2001

I. Berlin

 
1. Bundestag: Ausschüsse und Arbeitsgruppen

 
Im September 2000 wurde ich von der Fraktion als ordentliches Mitglied in den Verteidigungsausschuss entsandt. Weiterhin bin ich Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, im Unterausschuss „Neue Medien“ sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Bildung und Forschung. Daneben arbeite ich in der „Küstengang“ und im sozialdemokratischen „Gesprächskreis Afrika“ mit.

 
Berichterstatter der Fraktion bin ich für die Beschaffungsprogramme der Luftwaffe, für die Radarproblematik, für Jugendmedienschutz und für „Sekten und Psychogruppen“.

 
Politischer Schwerpunkt des vergangenen Berichtsjahres war eindeutig die Bundeswehrreform, das heißt: die zunächst planerische Umgruppierung der Kräfte zur „Einsatzarmee“ (anstelle von unterschiedlichen Hauptverteidigungs- und Krisenreaktionskräften), die weitere Reduzierung von Personal und Standorten, ein Attraktivitätssteigerungsprogramm und die Modernisierung der Ausrüstung sowie die Sicherung eines einigermaßen stabilen Verteidigungsetats bei gleichzeitig fortdauernder, notwendiger Präsenz von mehr als 7000 Bundeswehrsoldaten in den multinationalen SFOR- und KFOR-Verbänden in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo, sowie Beteiligung
an der Waffeneinsammeltruppe „Task Force Harvest“ in Mazedonien.

 

2. Weiteres politisches Engagement auf der Bundesebene

 
Als Mitglied der 1999 vom Parteivorstand eingesetzten „Projektgruppe Familie“ (heute: Familienforum der SPD) unter Leitung von Renate Schmidt konnte ich mitwirken an der Vorbereitung eines Leitantrags zur Zukunft der Familie für den Bundesparteitag im November 2001. Es geht uns um einen Paradigmenwechsel hin zu einer kinder- und familienfreundlicheren Gesellschaft.

 
Zu einem erfreulichen politischen Faktor ist inzwischen das „Netzwerk Berlin“ geworden, ein loser Diskussionszusammenhang von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten der Nach-68er-Generation um den Herausgeberkreis der Zeitschrift Berliner Republik herum organisiert. In ähnlicher Absicht hat im Frühjahr 2001 auch der SPD-Vorstand ein bundesweites „Netzwerk 2010“ gegründet, das von einer PV-Projektgruppe koordiniert wird, der ich angehöre. Regional gibt es inzwischen gleichgerichtete Initiativen, auch in Schleswig-Holstein.

 
Gemeinsam mit dem Bundesgeschäftsführer bereite ich die Herausgabe eines Buches zur Parteireform vor, das im November 2001 bei Steidl erscheinen wird.

 
Mit jüngeren britischen Labour-Abgeordneten gibt es auf Initiative der Friedrich-Ebert-Stiftung regelmäßig politische Kontakte; im Berichtszeitraum waren dies Konferenzen im Potsdamer Cäcilienhof und in Esher Park. Für die Fraktion war ich auf Auslandsreise in Paris (Luftfahrtschau Le Bourget) und auf Reise durch die neuen Bundesländer.

 
3. Wofür ich gestimmt habe – Die Politik unserer Koalition

 
Das Reformprogramm, auf das SPD und Grüne sich nach der Wahl 1998 geeinigt haben, läuft – nicht immer geräuschlos, aber Thema für Thema wird abgearbeitet; Ablenkungsmanöver und Blockadeversuche der Opposition haben uns nicht aufgehalten.

Die sofort begonnene Politik der Senkung direkter Steuern und der Stabilisierung der Lohnnebenkosten geht kontinuierlich weiter. Gleichzeitig wird die Neuverschuldung des Bundes durch sparsame Haushaltspolitik von Jahr zu Jahr geringer; sie soll 2005 bei Null liegen.

 
Im Berichtszeitraum wurden große Reformvorhaben auch gegen Widerstände erfolgreich durchgesetzt:

 
Die neue Rente ist „durch“. Neben die bewährte, gesetzliche, beitragsfinanzierte solidarische Alterssicherung tritt in Zukunft eine individuelle, freiwillige, kapitalgedeckte Altersvorsorge. Diese wird steuerlich begünstigt und für kleine Einkommen durch Zuschüsse besonders attraktiv gemacht. Die Zusatzrente ist übrigens auch ein Programm zur Beteiligung von Arbeitnehmern an der Vermögensentwicklung in unserer Gesellschaft.

 
Abgeschlossen ist die durchaus umkämpfte Modernisierung des Betriebsverfassungsgesetzes, u.a. mit vereinfachtem Wahlverfahren für Betriebsräte in kleineren Unternehmen. Länderfinanzausgleich und Fortsetzung des Solidaritätspaktes mit den ostdeutschen Ländern sind durch Kompromiss aller Beteiligten auf längere Frist neu geregelt. Der Atomausstieg ist, im Konsens mit der Energiewirtschaft, besiegelt;
sukzessive werden in den nächsten Jahren die Kernkraftwerke vom Netz gehen.
Die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter scheint nach langem, unwürdigem Streit nun endlich beginnen zu können. Dank der Zinsersparnisse durch die Verwendung der UMTS-Versteigerungserlöse zur Schuldentilgung können über mehrere Jahre jeweils fünf Milliarden Mark zusätzlich für Investitionen in Hochschulen, berufliche Schulen, Forschung, Straßen- und Schieneninfrastruktur ausgegeben werden.
Neu eingeführt wurde eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale für Pendler.

 
Trotz Haushaltskonsolidierung haben wir einige wichtige Transfer- und Sozialleistungen deutlich erhöht: das Kindergeld (von 220 über 250 und 270 Mark auf 300 Mark ab 2002), das Wohngeld, das BAföG und das Erziehungsgeld.

Schwierig bleiben die Bereiche der Agrar- und Verbraucherschutzpolitik und der Gesundheitspolitik. Die große Gesundheitsreform, die der demographischen Entwicklung, dem medizinischen Fortschritt und dem Ziel der Stabilisierung der Kassenbeiträge gleichermaßen Rechnung trägt, steht noch aus. Die notwendige Bioethik-Debatte über die Grenzen von Reproduktionsmedizin und Gentechnik hat endlich in voller Breite begonnen. Das Thema Pflegeversicherung bleibt auf der Tagesordnung.

 
Über die Steuerung der Zuwanderung hat die Fraktion in der letzten Sitzung vor der Sommerpause Beschlüsse gefasst, die – schon sehr konsensorientiert – eine Verständigung mit den anderen gesellschaftlichen und politischen Kräften auf breiter Basis ermöglichen sollten.

 
Sorgen macht uns gegenwärtig die flaue Konjunktur, die offenbar dem US-Trend folgt. Entsprechend schwach ist in den vergangenen Monaten der Rückgang der Arbeitslosigkeit.
Zwar gibt es seit 1998 über eine Million Arbeitsplätze mehr und eine
halbe Million Arbeitslose weniger, aber wir müssen in den nächsten Monaten zusätzliche Anstrengungen unternehmen, um Arbeitslosen neue Perspektiven zu schaffen; Kombilohn-Modelle zum Beispiel könnten dafür ein geeignetes Mittel sein.

 
II. Kiel

 
1. Bundeswehr und Wehrtechnik

 
Von den Stationierungsfolgen der Bundeswehrreform war Kiel als großer Standort auch diesmal wieder spürbar betroffen. Wie bei den Reduzierungswellen der 90er Jahre verliert Kiel weitere Dienststellen und in schmerzlichem Umfang Bundeswehrpersonal.
Die Landeshauptstadt bleibt aber (mit 4500 Dienstposten) der stärkste Militärstandort in Schleswig-Holstein, und Schleswig-Holstein bleibt das Land mit der größten Bundeswehrdichte; zehn Prozent des Bundeswehrpersonals sind hier stationiert.
Kiel verliert den Sitz der Wehrbereichsverwaltung, behält aber eine WBVAußenstelle mit 550 Dienstposten (von 784). Dafür habe ich mich, gemeinsam mit OB, Personalrat und anderen, in Berlin eingesetzt. Das Wehrbereichskommando (mit vergrößertem Kommandobereich) bleibt in Kiel. Neu aufgestellt wird bei uns ein Sanitätskommando für den neuen Wehrbereich I. Einige kleinere und mittlere Stäbe und Dienststellen sollen verlegt bzw. aufgelöst werden, darunter die Bundeswehrfachschule, für die ich mich weiter einsetze. Der Marine-Arsenalbetrieb in Kiel (mit noch rund 1100 Beschäftigten) ist nach der neuen Planung gesichert und wird jetzt umstrukturiert in eine wirtschaftlich beweglichere Organisationsform.

 
Die Kieler Rüstungsbetriebe sind sehr unterschiedlich ausgelastet: HDW hat insbesondere mit den deutschen und ausländischen Uboot-Aufträgen alle Hände voll zu tun. Andere dagegen spüren die Abrüstungsfolgen, sehr hart gegenwärtig bei Rheinmetall/MaK-System. Problematische Rüstungsexportthemen gibt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.

 
Die Zusammenarbeit mit der neugegründeten „Landesbetriebsgruppe Bundeswehr“ der AfA und dem „Arbeitskreis Wehrtechnik“ der IG Metall ist ausgezeichnet.
Zu den Personal- und Betriebsräten bestehen gute Arbeitsbeziehungen, ebenso
zu den Dienststellenleitern und den meisten Geschäftsführungen.

 
2. Wahlkreis

 
Meine Reihe der Besuche bei Betrieben, Behörden, Truppenteilen und Einrichtungen habe ich im Berichtsjahr fortgesetzt; dazu gehörte auch ein Termin bei der neuen schwedischen HDW-Tochter Kockums in Karlskrona. Das Thema Finanzierung der Werftenhilfe, für Lindenau und andere existenziell, bleibt zwischen Bund und Land umstritten. Schleswig-Holstein sollte hier nicht hinter den übrigen sozialdemokratisch regierten Küstenländern zurückbleiben.

 
Die Umstrukturierung der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes wird auch von Kieler Seite aus kritisch-konstruktiv begleitet.

 
Sehr interessante und gut vorbereitete ganztägige Stadtteilrundgänge hatte ich in Begleitung erprobter KommunalpolitikerInnen diesmal in Holtenau, Süd-West und Elmschenhagen.

Zur Diskussion über bundespolitische Themen habe ich in die Räucherei (Familie), in den Legienhof (Betriebsverfassungsgesetz) und gemeinsam mit der Ratsfraktion ins Rathaus (Ehrenamt) eingeladen. Auf einer Vielzahl von Mitgliederversammlungen der sozialdemokratischen Ortsvereine und Arbeitsgemeinschaften und bei Versammlungen anderer Veranstalter (Kirche, AWO, Gewerkschaften, Bundeswehr, Zivildienstschule u.a.) habe ich zu bundespolitischen Themen referiert.

 
Gut gelungen schien mir die Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung mit Sigmar Mosdorf über „Neue Regeln für Neue Medien“ (im Conti Hansa), die ich mit vorbereiten helfen konnte. Das Wissenschaftsforum der SPD Schleswig-Holstein, dieses Jahr mit nur einer forschungspolitischen Veranstaltung (Wolf-Michael Catenhusen in der Universität) an die Öffentlichkeit getreten, verdient trotz schwieriger Rahmenbedingungen einen „Relaunch“ in neuer Organisationsform – wozu ich beitragen will.

 
Die Zusammenarbeit mit den Gremien der Kieler SPD, mit Ortsvereinen, AGs und den sozialdemokratischen Bürgerzeitungen lief reibungslos. Zusammenarbeit und Meinungsaustausch mit den Gewerkschaften in Kiel sind, nach Renten- und Betriebsverfassungsgesetz-Debatten, weiterhin lebhaft, angenehm und konstruktiv.

 
Die Berichterstattung in den Kieler Nachrichten ist fair und übersichtlich. Regelmäßig findet, veranstaltet von KN und Offenem Kanal, eine „Kieler Runde“ mit Abgeordneten der vier größeren Bundestagsparteien statt.

 
Sonst noch: Ich bin Mitglied der Arbeiterwohlfahrt, der Ferdinad-Tönnies-Gesellschaft, der Gewerkschaft verdi (IG Medien), des Beirats für Geschichte, der deutschen Sao-Tomé-Gesellschaft, des Trägervereins „Berliner Republik“, des KTB, des Vereins Arbeit für Behinderte, der Wohnungsgenossenschaft Esbjergweg, des Beirats der Annette-Barthelt-Stiftung, des Alumni-Vereins der Universität, des Fördervereins der Deutschen Seemannsmission und des Freundeskreises der Jungen Presse. Außerdem bin ich „Pate“ des Parlamentarischen Patenschaftsprogramms für den Jugendaustausch zwischen Deutschland und Amerika.

Für die politischen Berlin-Fahrten sind die Kontingente (BPA- und freie Gruppen) bisher immer weit überbucht (rechzeitig anmelden!). Meine Erfahrung nach drei Jahren Besuchsprogramm: egal ob Schülergruppe, Gewerkschaftssenioren oder andere politisch Interessierte – Berlin lohnt sich!
Der symbolischen Verbindung zwischen Kiel und Berlin diente auch eine Bundestagsausstellung im vergangenen Herbst im Audimax und der Kieler „Erde“-Beitrag zu Hans Haackes künstlerischer Installation „Der Bevölkerung“ im Reichstagsinnenhof – den Kieler Kultureinrichtungen sei Dank für die vielfältigen Bodenproben aus unserer Kulturlandschaft!

 
Mein Berliner Büro ist mit einer Vollzeit- und zwei studentischen Teilzeitkräften besetzt und durchgehend, rund ums Jahr erreichbar; in Kiel wirken drei bzw. vier studentische Teilzeitler.
Bürgersprechstunde ist in den sitzungsfreien Wochen jeweils mittwochs ab 16 Uhr im SPD-Haus am Kleinen Kuhberg.

 
III. Offenlegung der Einkünfte

 
Die Offenlegung der Einkommensverhältnisse von Abgeordneten ist noch immer nicht gesetzlich geregelt. Eine Initiative aus unserem Netzwerk-Kreis steckt nach wie vor in den Fraktionsgremien.
Für die Amts- und Mandatsträger der schleswig-holsteinischen SPD ist die Offenlegung durch Landesparteitagsbeschluss vom 16. April 1994 verbindlich vorgeschrieben.
Ich folge hier dem Fragebogen der Landespartei.

 
Einnahmen aus Diäten (steuerpflichtig)
seit 1.7. 2000 monatlich 12.917,52 DM
seit 1.1.2001 monatlich 13.163,84 DM

 
Kostenpauschale
(für Büro-, Reise-, Unterkunfts- und Kommunikationskosten, Mehrkosten durch doppelte Haushaltsführung, mandatsbedingte Aufwendungen)
seit 1.1.2000 monatlich 6.520,00 DM
seit 1.1.2001 monatlich 6.558,00 DM

 
Sonstige mandats- bzw. amtsbedingte Einnahmen
Zuschuss zu Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen:
seit 1.3.1999 monatlich 475,00 DM
seit 1.1.2001 monatlich 480,00 DM

 
Liegen Einnahmen aus beruflicher Tätigkeit vor?
Nein.

 
Bestehen Abmachungen mit außerparlamentarischen Interessenten, aus denen
sich persönliche Vermögensvorteile ergeben?
Nein.

 
Nachrichtlich: Parteibeitrag monatlich 471,00 DM
Sonderabgabe (LV/KV) monatlich 1.000,00 DM
Fraktionsabgabe monatlich 250,00 DM
Beitrag Landesgruppe monatlich 50,00 DM

[Bericht des Bundestagsabgeordneten an den SPD-Kreisparteitag am 29. September 2001.]