Rede von Hans-Peter Bartels vor dem Deutschen Bundestag am 30. September 1999 zum "10. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung"

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will hier zu einem Thema sprechen, das zwischen den Fraktionen des Bundestages nicht strittig und dennoch nicht völlig unbeachtlich ist. Es geht um das Europäische Aktionsprogramm „Jugend“. Wie wichtig dieses Thema den Regierungsfraktionen ist, mögen Sie schon daran sehen, daß in der Koalitionsvereinbarung nicht ein-, sondern zweimal ausdrücklich der Ausbau des europäischen Jugendaustauschs gefordert wird. Dies findet nun mit der Einführung des gemeinschaftlichen Aktionsprogramms „Jugend“ statt. Wir begrüßen das ausdrücklich.

Die bereits laufenden Programme „Jugend für Europa“ und „Europäischer Freiwilligendienst“ werden gebündelt und um weitere Aktionen angereichert. Davon erhoffen wir uns noch mehr Breitenwirkung.

Unsere Zielgruppe ist riesengroß. 54 Millionen Jugendliche in der EU sind derzeit im austauschfähigen Alter, also zwischen 15 und 25 Jahren. 80 000 haben im vergangenen Jahr am Austausch teilgenommen. Das ist eine große Zahl, aber es sollen noch mehr werden. Deshalb sind die Mittel für die nächsten fünf Jahre auf 350 Millionen Euro erhöht worden, also etwas weniger als 700 Millionen DM.

Mit der vorliegenden Beschlußempfehlung des Jugendausschusses fordern wir die Bundesregierung, die ja willig ist, auf, die Bedingungen für das Wirksamwerden des europäischen Jugendprogrammes weiter zu verbessern. So soll sie in der EU darauf hinwirken, daß die Teilnehmer am Freiwilligendienst, die also sechs bis 12 Monate im Ausland arbeiten, einen eigenen aufenthaltsund sozialversicherungsrechtlichen Status bekommen. Der Freiwilligendienst ist ja im Gegensatz zum Austauschprogramm „Jugend für Europa“ noch neu. Bisher haben erst 6 000 Jugendliche daran teilgenommen. Aber spätestens durch das neue Fünfjahresprogramm wird er zu einer Institution. Deshalb brauchen wir die Herstellung von Rechtssicherheit für die Jugendlichen.

(Beifall bei der SPD und dem BÃœNDNIS 90/ DIE GRÃœNEN)

Auch der Anspruch auf Kindergeld soll beim Freiwilligendienst im Ausland fortbestehen. Daran wird im Finanzministerium – quasi im Vorgriff auf unseren Beschluß heute – bereits gearbeitet. Wir fordern darüber hinaus zur rechtlichen Sicherheit von grenzüberschreitenden Diensten deutscher Freiwilliger generell ein nationales Freiwilligengesetz. Die vergangene Bundesregierung hatte sich auf diesem Gebiet für Abwarten entschieden nach dem Motto: Erst einmal sehen, ob die europäischen Freiwilligendienste von Dauer sind. Sie sind von Dauer. Deshalb fordern wir jetzt klare Regelungen. Denn die Jugendlichen sollen genau wissen, worauf sie sich einlassen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÃœNDNISSES 90/DIE GRÃœNEN)

Wir treten in der Beschlußempfehlung des Ausschusses außerdem ein für eine zügige Umsetzung des Programms, für gezielte Öffentlichkeitsarbeit, für eine bessere Vorbereitung und Begleitung der Freiwilligen, für die Einbeziehung aller Lebensbereiche junger Menschen – dies betrifft Bildung, Sport, Kultur und Freizeitaktivitäten – in die kurzzeitigen Austauschprogramme, für die Öffnung des Programms für Jugendliche, die bisher benachteiligt waren, für Geschlechtergerechtigkeit – das sollte klar sein –, für einen höheren Anteil von Freiwilligendienstlern aus und in Nicht-EU-Staaten und schließlich natürlich für mehr Geld. Denn wir sollten uns nichts vormachen: Die Erhöhung des Etats für die nächsten fünf Jahre kann durch die EU-Osterweiterung, die wir ja wollen und die wir beschleunigen wollen, schnell aufgezehrt werden.

Deshalb: Freuen wir uns über das Interesse, das Engagement und die Begeisterung vieler junger Menschen für Europa! Seien wir froh, daß wir in den nächsten Jahren ein gutes europäisches Jugendprogramm haben werden. Aber lassen Sie uns uns schon jetzt dafür einsetzen, die Bedingungen des Austauschs in der Zukunft noch zu verbessern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÃœNDNIS 90/ DIE GRÃœNEN sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

Präsident Wolfgang Thierse: Dies war die erste Rede des Kollegen Hans Peter Bartels. Unsere herzliche Gratulation!

(Beifall)

 

PDF-Dokumente

BT-Plenarprotokoll 30.09.1999 – Ausschnitt Bartels – Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung BT-Plenarprotokoll 30.09.1999