100.000 Soldaten im Heer, 15.000 in der Marine – das war die Stärke der Reichswehr der Weimarer Republik, festgelegt im Versailler Vertrag, den seine Gegner „Versailler Diktat“ nannten. Knapp ein Jahrhundert später, in ganz anderen Zeiten, redet man im historischen Berliner Bendlerblock, wo heute das Verteidigungsministerium residiert, vom „Spardiktat“, auch der Minister. Der „mittelfristig höchste strategische Parameter“ für die Zukunft der Bundeswehr und damit auch die deutsche Sicherheitspolitik sei die „Schuldenbremse“, der Zwang zur Haushaltskonsolidierung. Konkret durchgeplant wird jetzt eine Spararmee mit am Ende 150.000 Soldaten, ohne Wehrpflicht, optimiert auf Expeditionseinsätze. Damit würde die Bundeswehr, deren Truppenstärke 1990 noch bei 500.000 lag (plus NVA), von dem jetzt gerade erreichten Reduzierungsziel 250.000 noch einmal 100.000 Posten aufgeben, das heißt: Fähigkeiten, Verbände, Standorte. Der ersten Halbierung folgte eine zweite Radikaloperation. Noch einmal wird alles durcheinandergeschüttelt.
Politische Einigkeit besteht gewiss darüber, dass weitere Reformen unserer Streitkräfte möglich und nötig sind, etwa durch Übergang zu einem freiwilligen Wehrdienst, Verzicht auf die teure nukleare Teilhabe und Beseitigung der Stabslastigkeit über die ganze militärische Struktur hinweg.
Aber auch für eine reformierte Bundeswehr gilt, dass sie nicht allein Profis für Auslandseinsätze zu stellen hat , sondern ein eigenes Gewicht in der Mitte Europas haben muss. Das alte Leitbild „Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen“ darf nicht einfach abgelöst werden von einer Philosophie des „Kämpfen-Könnens, um überall zu kämpfen“. Die Sicherheit im Bündnis, ob Nato oder EU, geht uns weiter an! Und nicht alle Partner sind so glücklich mit ihren Nachbarn wie wir. Wenn Deutschland sich einseitig aus der europäischen Solidarität und Lastenverteilung zurückzöge, bliebe politisch nur eine Macht, um in die Bresche zu springen, die USA. Will Guttenberg das?
Die jetzt bevorstehende Schrumpfung ließe den deutschen Beitrag weit hinter den von kleineren Volkswirtschaften wie Italien, Großbritannien und Frankreich zurückfallen. Wenn die europäischen Vereinbarungen, zuletzt im Lissabon-Vertrag, zur gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik ernst gemeint sind, dann ginge künftige Streitkräfteplanung nur noch gemeinsam: Arbeitsteilung, Zusammenarbeit und am Ende eines langen Weges eine europäische Armee könnten allen EU-Partnern helfen, Mittel zu sparen. Nicht nach Spardiktat, sondern mit einer positiven Vision.