Rede von Hans-Peter Bartels vom 27. Juni 2002

Hinter dem etwas bürokratischen Titel des Antrages, den wir hier heute beraten, verbirgt sich ein Thema, das nicht das erste Mal das Plenum beschäftigt. Es geht um die Erweiterung der Offenlegungspflicht der Abgeordneteneinkünfte. Die letzte Debatte führte der Bundestag im September 1995, als im Zuge der Beratungen zur Parlamentsreform auch ein entsprechender Antrag der Abgeordneten Norbert Gansel und Peter Conradi sowie 150 weiterer Mitglieder des Deutschen Bundestages beraten wurde. Schon damals hatten die Initiatoren des Antrages die Nebeneinkünfte im Blick. Das Vorhaben, mehr Transparent zu schaffen, wurde aber in namentlicher Abstimmung von der Mehrheit des Hauses abgelehnt. Die Argumente, die damals die Kollegen Conradi und Gansel dazu veranlassten, den Antrag einzubringen, sind auch sieben Jahre später noch richtig. Es geht nicht um den ,,gläsernen Abgeordneten“. Aber Wählerinnen und Wähler sollen wissen, welchen – durchaus legitimen – Interessen ihr politischer Vertreter um welchen Lohnes willen verpflichtet ist.

Deshalb wollen wir mit einer Änderung der Geschäftsordnung erreichen, dass Angaben zu Beraterverträgen, zu gutachterlicher und publizistischer Tätigkeit, die heute nur dem Bundestagspräsidenten anzuzeigen sind, veröffentlicht werden. Die Regelungen, die wir vorschlagen, sind ein angemessener Ausgleich zwischen dem berechtigten Interesse der Öffentlichkeit auf Offenlegung von Interessenbeziehungen und dem Schutz der individuellen Grundrechte des einzelnen Abgeordneten.

Eine solche Regelung ist lange überfällig. Schon vor 27 Jahren führte das Bundesverfassungsgericht im fünften Leitsatz seines Diätenurteils aus, dass Art. 48 Abs. 3 des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 gesetzliche Vorkehrungen dagegen verlange, dass Abgeordnete Bezüge aus einem Angestelltenverhältnis, aus einem so genannten Beratervertrag oder ähnlichem, ohne die danach geschuldeten Dienste zu leisten, nur deshalb erhalte, weil von ihnen im Hinblick auf ihr Mandat erwartet wird, dass sie im Parlament die Interessen des zahlenden Unternehmens oder des zahlenden Verbandes vertreten und nach Möglichkeit durchsetzen.

Peter Conradi wies 1995 auf diesen Leitsatz des Verfassungsgerichtes hin und musste feststellen, dass seither nichts geschehen sei. Das war vor sieben Jahren – und noch immer gibt es keine Regelung. Unser Antrag ist ein Anfang. Niemand in diesem Hause muss deshalb auf Beratertätigkeiten verzichten oder nicht gutachterlich tätig sein – ich meine allerdings, es wäre besser, sich solchen Abhängigkeiten nicht auszusetzen. Die Quellen der Nebeneinkünfte neben den Diäten sollen lediglich veröffentlicht werden. Damit sollen verdeckte Interessenkollisionen verhindert werden, damit soll, wie es mein Wahlkreisvorgänger Norbert Gansel 1995 in der Debatte sagte „… für Wählerinnen und Wähler kontrollierbar werden, ob die Abgeordneten ihre ganze Arbeit wirklich der Volksvertretung widmen. Wer das nicht tun kann oder will, soll wenigstens verpflichtet sein, sich seinen Wählerinnen und Wählern zu erklären.“ Aus dem gleichen Grund wollen wir die Beteiligungen an Kapital- und Personengesellschaften in die Veröffentlichungspflicht einbeziehen.

Das unsere Vorschläge, wie der Abgeordnete von Klaeden vor einigen Tagen der „Welt“ sagte, „unklar“ seien, kann ich nicht sehen. Klarer geht es nicht. Unklar ist mir, wie man dagegen sein kann. Lassen Sie uns heute gemeinsam diesen kleinen Schritt tun.

Wenn der Wahlkampf vorbei ist und der neue Bundestag sich konstituiert hat, sollten wir uns dann noch einmal grundsätzlicher mit der Frage der Reform der Rechtsstellung der Abgeordneten beschäftigen. Der Beschluss, den wir in dieser und der kommenden Woche anstreben, ist ein erster wichtiger Schritt zu einem transparenteren Parlament.

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