Meine Damen und Herren,
ich möchte im Anschluß an die Ausführungen von Professor Krause und von General Eisele einige Bemerkungen zu den außen- und sicherheitspolitischen Grundsätzen der SPD machen (I), dann etwas zum deutsch-europäisch-amerikanischen Verhältnis sagen (II) und abschließend einige Fragen aufwerfen, die – jedenfalls in der SPD – noch nicht entschieden sind (III).
I.
Meine Damen und Herren,
Völkerfreundschaft fiel uns früher viel leichter. Deutschland-West war der treueste transatlantische Bündnisgenosse, den Amerika sich wünschen konnte. Und Deutschland-Ost überschlug sich im kommunistischen Bruderbund mit Beweisen seiner Liebe und Verbundenheit zum ruhmreichen Sowjetvolk.
Inzwischen sind die „Freunde“, wie die Kameraden von der Westgruppe der Roten Armee in der DDR genannt wurden, längst abgezogen; Amerika hat seine BRD-Präsenz drastisch reduziert. Auf die heißen, exklusiven Freundschaften des Kalten Krieges folgen laue Friedensbeziehungen in alle Richtungen.
Deutschland mußte seine Position in der Welt neu bestimmen. Die Jahre zwischen dem 3. Oktober 1990 und dem 11. September 2001 können für Deutschland und auch für die deutsche Sozialdemokratie als eine außenpolitische Ãœbergangszeit interpretiert werden – eine Ãœbergangszeit, in der zu beinahe jeder neuen außenpolitischen Frage erst noch einmal die alten Antworten auf den Tisch kamen, bevor neue Antworten sich durchsetzen konnten.
Die SPD ist in diesen wenigen Jahren einen weiten Weg gegangen.
Mit dem Ende der Blockkonfrontation, des Sowjetkommunismus, der europäischen und der deutschen Teilung, mit der gewaltfreien Wende in der DDR und der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands 1990 war die Ordnung des Kalten Krieges zerbrochen. Zerbrochen war die globale Spannungsachse, nach der sich auch die inneren Spannungsachsen vieler Staaten der Welt ausrichteten. Die sog. „Nichteinmischungsdoktrin“ aus Furcht vor dem Overkill galt nicht mehr. Kurz: Die Nachkriegszeit war abgeschlossen, eine neue Ära begann.
Eine eigene, über diesen Epochenwechsel fortlaufende Tradition der bundesdeutschen Außenpolitik ist dabei der Multilateralismus. Dieser historisch begründete deutsche Ansatz bestand immer auch darin, sich nicht zu isolieren, stattdessen zu kollektiven Lösungen beizutragen, nie neutral, aber auch nie unnötig exponiert zu sein.
In weiten Teilen der Welt genießt Deutschland mehr als ein halbes Jahrhundert nach Nazi-Diktatur und Weltkrieg ein erstaunlich hohes Ansehen, einen großen politischen Kredit. Unser Land genießt Vertrauen. Das liegt unter anderem daran, dass Deutschland nur in sehr begrenztem Maße und kurz Kolonialmacht war; uns blieb die schwierige Phase der Dekolonialisierung erspart. In der Zeit des Kalten Krieges ist Deutschland – anders als etwa Amerika und die Sowjetunion – nicht militärisch in Erscheinung getreten.
Und Deutschland wird wegen seiner multilateralen Ausrichtung weniger als anderen unterstellt, eigene Wirtschafts- oder Hegemonialinteressen zu verfolgen. Daraus ergeben sich heute Gestaltungschancen.
Heute gibt es keine Rechtfertigung mehr dafür, besondere Rücksichten auf Deutschland von den Bündnispartnern oder der Weltgemeinschaft einzufordern. Deutschland verfügt über alle Rechte und Pflichten eines souveränen Staates.
In der Präambel unseres Grundgesetzes steht ausdrücklich nicht: „Deutschland ist etwas Besseres oder etwas Besonderes“, sondern da steht, daß es der Wille des deutschen Volkes ist, „als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen.“
Für diesen „Frieden der Welt“ haben wir als Deutsche und als Europäer Maßstäbe. Es gilt die Wertordnung unserer Verfassung:
- Unantastbarkeit der Menschenwürde,
- Freiheit und Demokratie,
- Sicherheit und Wohlfahrt der Bürgerinnen und Bürger.
Diese Wertordnung gibt es nicht von selbst und nicht umsonst.
Wir Deutsche, die Generation unserer Eltern und Großeltern, haben Zeiten erlebt, in denen das Gegenteil galt in unserem Land und Menschen sterben mußten, weil sie in Freiheit leben wollten.
Der frühere Bundeskanzler Willy Brandt hat unsere Pflicht kurz vor seinem Tod so ausgedrückt: „Wo immer schweres Leid über die Menschen gebracht wird, geht es uns alle an. Vergeßt auch nicht: Wer Unrecht lange geschehen läßt, bahnt dem nächsten den Weg.“
Wo schweres Unrecht geschieht und Deutschland helfen kann, müssen wir uns verpflichtet fühlen, es zu tun. Über die Mittel entscheiden wir in einem demokratischen innerstaatlichen Willensbildungsprozess selbst.
Deshalb sind Soldaten der Bundeswehr an vielen Stellen der Erde gemeinsam mit anderen im Einsatz, zur Zeit
- in Bosnien-Herzegowina, im Kosovo und in Mazedonien;
- in Georgien;
- in Usbekistan und Afghanistan;
- in Kuwait, Dschibuti und Kenia, im Indischen Ozean rund um das Horn von Afrika.
Militärische Beiträge zu UN-Beobachtermissionen, zur Friedenssicherung (SFOR, KFOR, TFF, ISAF), zur Friedenserzwingung (Kosovo 1999) und zur Gefahrenabwehr (Terrorbekämpfung) sind Teil einer internationalistischen Außenpolitik, die der sozialdemokratischen Programmtradition entsprechend ethnische Verfolgung, Völkermord, Vertreibung, Terror und das Faustrecht des Stärkeren nicht „neutral“ und bequem hinnimmt.
Entgegen dem alt-klugen Merksatz, mit Gewalt könne man „keine Probleme lösen“, ist militärische Intervention dann legitim und geboten, wenn die Sicherheit das allen anderen vorgehende Problem darstellt. Solange geschossen wird, sind alle anderen Probleme erst recht nicht lösbar.
Militär ist ein Mittel der Außenpolitik – und zwar nicht nur als ultima-ratio-Instrument für den Fall des Krieges, sondern auch in vielen humanitären, logistischen, robust-polizeilichen und vertrauenschaffenden Missionen im Ausland.
Unsere internationalistische Haltung versteht sich nicht einfach von selbst. Man muß diese Haltung einnehmen wollen. Die Alternative hieße „Isolationismus“.
Isolationismus und Internationalismus sind in jeder Gesellschaft die beiden Pole auf dem Kontinuum der außenpolitischen Möglichkeiten. In den USA wie in Großbritannien, Japan, Frankreich, Deutschland oder anderen Ländern orientiert sich die öffentliche Willensbildung mal mehr in die eine, mal mehr in die andere Richtung.
Die deutsche Außenpolitik tut gut daran, internationalistisch zu bleiben, auch wenn die Stimmungen in der Bevölkerung schwanken mögen. Darüber besteht unter den Parteien des alten bundesrepublikanischen Verfassungsbogens weitgehend Konsens.
Dies wird praktisch in den Bindungen und Bündnissen, die Deutschland eingegangen ist. Westbindung (Adenauer) und Ostaussöhnung (Brandt) werden unter den neuen Bedingungen jetzt durch eine Politik der souveränen Normalisierung (Schröder/Fischer) ergänzt.
Begleitet werden muss dieser Prozess durch eine auch auf deutsche Initiative hin beschleunigte europäische Integration und Stärkung der UN-Instrumentarien. Dazu gehören z.B. die Schaffung und Durchsetzung einer internationalen Gerichtsbarkeit genauso wie die langfristige Etablierung einer europäischen Armee als Instrument einer einheitlichen europäischen Sicherheitspolitik, auch unter Aufgabe von Teilen heutiger nationaler Souveränität.
Deutschland als bevölkerungsreichstes, wirtschaftsstärkstes und finanzkräftigstes europäisches Land hat in EU und NATO eine zentrale Rolle zu spielen. Das erwarten die großen wie auch die kleineren Partner. Erklärungsbedürftig, quasi „verdächtig“, wäre gerade nicht das behutsam-selbstbewusste Auftreten, sondern ein kleinmütig-selbstbezogenes. Insofern spielt Deutschland seine Rolle heute richtig.
II.
Nun einige Bemerkungen zu Deutschland, Europa und Amerika.
Deutschlands erstrangige Wirtschaftspartner, militärische Bundesgenossen und außenpolitische Spießgesellen sind heute in wachsendem Maße die zahlreicher werdenden Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Das vereinte Deutschland ist wie gesagt mit Abstand die größte Inner-EU-Macht und die „europäischste“ zudem. Nationales Mit-dem-Fuß-Aufstampfen haben sich die Nachkriegsdeutschländer gründlich abgewöhnt. Also Europa.
Aber Amerika?
- Karsten D. Voigt, des Bundeskanzlers Koordinator für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, sieht diese Beziehungen in „einer Phase des Umbruchs“.
- Der Politikwissenschaftler Ernst-Otto Czempiel warnt: „Die Beziehungen zwischen Westeuropa und den USA sind viel schlechter als sie aussehen. Ihr gesellschaftlich-wirtschaftliches Fundament ist in Ordnung, aber in der politischen Architektur vermehren sich die Risse.“
- Und Michael Rühle, Leiter der Politischen Planungsabteilung der NATO in Brüssel, nennt als „entscheidende Veränderung“ die Tatsache, „dass die Feststellung, die USA seien die einzig verbliebene Supermacht, inzwischen in einen offenen Hegemonialvorwurf umgeschlagen ist und – wichtiger noch – , dass dieser Vorwurf inzwischen nicht mehr ausschließlich von den ?üblichen Verdächtigen′ Frankreich, Russland oder China erhoben wird. (…) Er kommt auch nicht mehr nur aus einer bestimmten politischen Ecke: Er ist heute auch im klassischen atlantischen Lager zu finden.“
Alle diese Zitate stammen aus der Zeit vor dem 11. September. Aber sind sie heute überholt, trotz NATO-Bündnisfall, uneingeschränkter Solidarität und der Operation „Enduring Freedom“?
Aus der Position der globalen Nummer Eins ist es verständlich, dass nach Ende des Kalten Krieges den Amerikanern alle europäischen Bestrebungen nach weltpolitischer Eigenständigkeit oder gar Gleichrangigkeit suspekt erscheinen.
Die Anstrengungen zur Schaffung einer gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) innerhalb und neben der NATO, inklusive 60.000-Köpfe starker EU-Eingreiftruppe, werden von der Bush-Administration mit Skepsis betrachtet.
So grollte US-Verteidigungsminister Donald H. Rumsfeld auf der Münchener Wehrkundetagung 2001: „Was innerhalb unseres Bündnisses geschieht, muss mit seiner andauernden Stärke, seiner Widerstandsfähigkeit und Effektivität vereinbar sein. Maßnahmen, die die Effektivität der NATO durch verwirrende Duplizierung oder Störung der transatlantischen Verbindung beeinträchtigen, wären nicht positiv.“
Machen wir uns nichts vor: Nach wie vor sind die USA die einzige Macht, die Beschlüssen der Vereinten Nationen oder anderer kollektiver Sicherheitssysteme weltweit unter allen Umständen Geltung verschaffen kann. Wenn es ernst wird, sind aufgrund ihrer strategischen Aufklärungs- und Transportfähigkeiten sowie der vielfachen Überlegenheit ihrer Seeluftstreitkräfte die Vereinigten Staaten immer lead nation.
Mit der ESVP-Initative könnte dies – jedenfalls für Konflikte in Europa – tatsächlich geändert werden. Es geht nicht darum, die Amerikaner aus Europa zu „entlassen“, sondern sie zu entlasten.
In den USA, traditionell schwankend zwischen Isolationalismus, Unilateralismus und Internationalismus, führt das zu ambivalenten Gefühlen gegenüber den europäischen Bündnispartnern: Kleiner Bruder und stärker werdender Partner beim burden sharing – ja. Stärker werdender Partner und gelegentlich Konkurrent in der weltpolitischen Arena – nein!
Angesichts der tatsächlichen transatlantischen Verteilung von Mitteln und Fähigkeiten wären solche Sorgen der Amerikaner allerdings absurd: Deutschland zum Beispiel, Europas größtes NATO-Mitglied, gibt 24 Milliarden Euro im Jahr für Verteidigungszwecke aus. Der US-Militäretat für das Haushaltsjahr 2001/2002 ist auf 310 Milliarden Dollar veranschlagt.
Seit Anfang der 90er Jahre dürften die deutsch-amerikanischen Rüstungsbeziehungen auf Tiefstniveau eingefroren sein.
- Schiffe, Panzer sowieso, Flugzeuge, Elektronik, sogar Flugkörper werden von deutscher oder europäischer Industrie entwickelt und gebaut. Reine Kauflösungen auf dem US-Markt gibt es fast gar nicht mehr.
- Und für die amerikanischen Streitkräfte gilt ohnehin der Grundsatz „buy american“. Ausnahmen sind möglich, aber selten. Rüstungskooperation gestaltet sich immer wieder schwierig. Komponenten werden als „black box“ zugeliefert, die technischen Details bleiben selbst vor Industriepartnern innerhalb der NATO geheim: „American eyes only!“
Mag sein, dass nun gerade Kiel ein Brückenkopf für das Gegenteil, für eine Trendwende ist. Hier engagieren sich amerikanische Unternehmen durch Kauf von deutschen Rüstungsbetrieben: Raytheon Marine, Elac Nautik, HDW … . Vielleicht führt dies in der Zukunft zu einer anderen Art von Kooperation.
Die Amerikaner beklagen jedenfalls vorwurfsvoll die wachsende Fähigkeitslücke zwischen US- und europäischem Militär. Soll heißen: Wenn die Europäer zu nichts zu gebrauchen seien, müßten die US-Streitkräfte notgedrungen alle gefährlichen Jobs allein machen. Diese Rolle gefällt den Amerikanern aber auch ganz gut. Sie passt zu den Mythen und historischen Erfolgen des Landes.
Andererseits braucht Europa die Amerikaner – trotz aller Beteuerungen und Umarmungen – für seine eigene Sicherheit heute weniger als in den letzten 85 Jahren seit 1917. An die Stelle eines existentiellen Aufeinanderangewiesenseins tritt auf leisen Sohlen politische und ökonomische Konkurrenz.
Für die USA ist Putin ein neuer Freund, China rückt näher, die US-Ökonomie entwickelt sich mehr in Richtung Asien. Europa bleibt ein alter Freund.
Wenn Europa allerdings bestimmte Aspekte der Weltpolitik nicht den faktenschaffenden amerikanischen Freunden überlassen will, wird es selbst in der Lage sein müssen, zur Not auch militärisch global zu agieren. Alle EU-Streitkräfte zusammengenommen und arbeitsteilig weiterentwickelt, müßten in der Lage sein, auch ohne gewaltige Budgetsteigerungen diese Rolle zu spielen.
Markieren nun also die ökonomischen und ökologischen, strategischen und militärisch-industriellen Differenzen den Anfang vom Ende der deutsch-amerikanischen Freundschaft?
Es sollte nicht so sein und wird wohl nicht so kommen. In der multipolaren Welt am Beginn des 21. Jahrhunderts wird der europäische Akteur, mit Deutschland in der Mitte, immer deutlicher wahrnehmbar die globale Nummer zwei. Amerika bleibt die einzige Supermacht – mit den Staaten des demokratischen Europa auf vielfältigste Weise verbunden und verbündet, stärker als diese zusammen, aber kulturell, ökonomisch und politisch-konstitutionell nicht ohne oder gegen sie denkbar. Amerika und Europa, das bleibt „der Westen“: ein Universum derselben Machart, alte und neue Welt. Russland, China, Japan, Indien liegen uns und, wenn sie ehrlich mit sich sind, auch den Amerikanern ferner.
III.
Zum Schluß ein paar offene Fragen.
- Erstens: Welchen neuen Gefahren sehen sich Deutschland, Europa und Amerika heute ausgesetzt?
Es spricht einiges dafür, dass die Verwundbarkeit der westlichen Gesellschaften gegenwärtig durch Biowaffen und Cyberwar am größten ist. Cyberwar bedeutet: Störung der elektronischen Kommunikation, vor allem des world wide webs.
- Zweitens: Brauchen wir Missile Defense?
Bisher sind durch Proliferation und Eigenentwicklung ausschließlich Kurz- und Mittelstreckenraketen in die Hände unsicherer staatlicher Anwender gekommen: Nordkorea, Iran, Irak, Pakistan, Indien, Libyen … . Dagegen eine taktische Raketenabwehr aufzubauen (Theater Missile Defense, TMD), land- und seegestützt, liegt im gemeinsamen Interesse der USA, ihrer NATO-Partner, Israels und Russlands. Die strategische Raketenabwehr ist ein anderes Thema.
- Drittens: Wird die NATO überflüssig?
Mit Ende des Kalten Krieges hat die NATO objektiv an Bedeutung verloren. Solange es aber noch keine neue politisch-militärische Konfliktlösungsarchitektur gab, war dieser Bedeutungsverlust kaum spürbar. Jetzt setzt sich die unilateralistische Tendenz in den USA zunehmend durch. Amerika agiert allein, mit ausgesuchten Alliierten – oder lässt jedweder UNO-coalition of the willing den Vortritt. Die ESVP wird nicht die NATO, sondern die EU stärken. Im Pentagon fragen die europafreundlicheren Experten: „Should Nato go global?“
- Viertens: Wie sieht die neue Weltordnung aus?
Nehmen wir einmal an, Amerika behält die Fähigkeit und den Willen zur Intervention, wo immer Gefahren für den Weltfrieden lauern, seien dies Gefahren durch staatliche Unterstützung für Terrorgruppen, Produktion oder Weitergabe von Massenvernichtungswaffen, regionale Kriege oder Bürgerkrieg. Dann wird es darauf ankommen, dass diese Interventionfähigkeit nur innerhalb eines Systems globaler Rechtlichkeit zum Tragen kommt. Zudem: Entscheidend ist die erfolgreiche Etablierung einer demokratischen, ökonomisch funktionierenden, stabilen „Nach-Interventionsordnung“. Arbeitsteilung – Amerika für den Krieg und Europa für den Frieden danach – wäre nicht ideal. Und: Die Aufhebung der Souveränität anderer Staaten kann nicht ins Belieben der mächtigsten Macht gestellt werden.
Aber der Gedanke, dass kein Diktator mehr sicher in seinem Palast sitzt, weil die Staatengemeinschaft mit Macht auf der Einhaltung innerstaatlicher Regeln und Menschenrechte besteht – ist faszinierend.
Konflikte, Gefahren und Bedrohungen, denen wir am Beginn des 21. Jahrhunderts begegnen, unterscheiden sich sehr von der Zeit des Systemkonflikts mit ihrem Gleichgewicht des Schreckens. Vielleicht wird es niemals einen „Kampf der Kulturen“ als Kampf zwischen Staatengruppen geben, doch die Konflikte auf der Welt könnten dort am mörderischsten werden, wo die kämpfenden Parteien diesseits und jenseits einer Grenzlinie zwischen zwei Kulturkreisen stehen. Diese Möglichkeit lässt sich nicht wegwünschen. Aber für die Fundamentalalternative, die Perspektive der „einen Welt“, läßt sich einiges tun: selbstbewußt, hilfreich, behutsam. Tun wir es.