Herr Bartels, welche Erkenntnisse haben Sie bisher im Untersuchungsausschuss zur Drohnenaffäre gewonnen?
HANS-PETER BARTELS: Es wurde deutlich, dass es bei einem so wichtigen Rüstungsvorhaben, wie es die Anschaffung der Euro-Hawk-Drohnen darstellt, nicht nur eine Bringschuld der Staatssekretäre gibt, sondern auch eine Holschuld des Verteidigungsministers. Er muss sich selbst kümmern. Es ist nun klar, dass es bereits 2011 wegen der riesigen Kostensteigerungen starke Vorbehalte gegen die Euro-Hawk-Drohne gab, die auch zu Vorentscheidungen im Ministerium geführt haben. Es gab zahlreiche Informationen, einschließlich einer E-Mail des Rüstungsabteilungsleiters Detlef Selhausen vom Januar 2012 an Thomas de Maizières rechte Hand, Staatssekretär Stéphane Beemelmans. Darin weist Selhausen auf die Kostenexplosion in Höhe von einer halben Milliarde Euro hin und rät von der Anschaffung ab.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat gesagt, die Unlösbarkeit der Probleme sei ihm erst im Mai 2013 vorgetragen worden. Ist das glaubhaft?
BARTELS: Nein, das war immer eine unsinnige Unterscheidung. Ein Minister ist dafür da, aktiv Probleme zu lösen. Er ist nicht dazu verdammt, nur über unlösbare Probleme informiert zu werden.
Der Minister hat von einer Bringschuld der Staatssekretäre gesprochen. Entlastet ihn das?
BARTELS: Nein. Ich verstehe nicht, warum er versucht hat, die Verantwortung auf untergeordnete Mitarbeiter abzuschieben – und dann noch mit solchen Scheinkategorien wie „nicht schriftlich informiert von unlösbaren Problemen“. Der Untersuchungsausschuss wird auch das Ausmaß der Kommunikation zu klären haben. Der Minister ist nach Aktenlage und Zeugenaussagen ausreichend mit Informationen versorgt worden. Er wollte sich nicht um ein Rüstungsprojekt kümmern, das ihn dringend hätte interessieren müssen.
Braucht die Bundeswehr Aufklärungsdrohnen?
BARTELS: Ja. Vorausgesetzt, sie funktionieren. Aufklärung im Einsatzgebiet in großer Höhe und mit langen Stehzeiten ist wichtig und gut. Wir müssen nun klären, warum es statt funktionierender Drohnen ein Stück für das Museum gibt, das den Steuerzahler 680 Millionen Euro gekostet hat.
Muss de Maizière zurücktreten?
BARTELS: Nach der Aktenlage hat er nicht die Wahrheit gesagt. Er muss die Chance haben, dazu noch einmal auszusagen. Aber es sieht nicht gut für ihn aus.
Hat de Maizières Verhalten auch mit der Bundeswehrreform zu tun?
BARTELS: Es macht die Dinge nicht einfacher, dass sich nun zum fünften Mal in der Bundeswehr alles ändern soll. De Maizière hat Wert darauf gelegt, noch an jedem Schräubchen selbst zu drehen. Vielleicht hatte er keine Hand mehr frei, um sich um die Rüstungsbeschaffung zu kümmern. Aber er kann Verantwortung nicht wegdefinieren. Er muss sein Haus so organisieren, dass er bei wichtigen Vorhaben selbst führen kann.
Auch wenn de Maizière nicht zurücktritt: Wie sehen Sie seine Zukunft als Merkels Kronprinz?
BARTELS: Das kann man vergessen. So wie Karl-Theodor zu Guttenberg als Ersatzkanzler gescheitert ist, ist de Maizière als Reservekanzler Geschichte.