Rede von Hans-Peter Bartels vor dem Deutschen Bundestag am 01. Juni 2006

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute beschließen wir eine weitere Verlängerung des Kosovomandats. Das scheint schon fast Routine zu sein. Nach unserer Zustimmung zur Bereitstellung eines ersten deutschen KFOR-Kontingents im Sommer 1999 liegt uns heute der siebte Verlängerungsantrag der Bundesregierung vor.

Ich möchte deshalb an dieser Stelle vor einer öffentlichen Fehlwahrnehmung warnen: Dass der Einsatz im Kosovo genauso wie die Einsätze in Bosnien-Herzegowina und in Afghanistan immer wieder verlängert werden muss, liegt nicht daran, dass etwas, was schnell zu erledigen gewesen wäre, deshalb länger dauert, weil immer alles schief geht. Manchmal wird das in den Medien nach dem Motto dargestellt: Sie kriegen es einfach nicht hin; jetzt müssen wir das Mandat schon wieder verlängern. – Aber das ist die falsche Wahrnehmung.

Richtig ist: Wir brauchen von vornherein einen langen Atem, Geduld und Entschlossenheit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und derCDU/CSU)

Auf dem Balkan ist der Fortschritt eine Schnecke. Damit sie sich in die richtige Richtung bewegt, müssen wir ihr den Rückweg versperren. Das dauert gewiss länger als ein Jahr; ich glaube: viel länger.

Dass wir aber jedes Jahr aufs Neue darüber beraten, hat nichts mit dem Erfolg oder Misserfolg des Einsatzes zu tun, sondern mit unseren Rechten als Parlament. Wir wollen von der Bundesregierung nach jeweils einem Jahr erneut gefragt werden. Genau deshalb haben wir damals das Parlamentsbeteiligungsgesetz beschlossen. Die Bundeswehr bleibt eine Parlamentsarmee.

Dass die Präsenz der internationalen Truppen im Kosovo seit 1999 alles andere als erfolglos war, lässt sich zum Beispiel daran ablesen, dass wir die Sicherheit in der Provinz heute mit deutlich wenigerSoldaten als zu Beginn der KFOR-Mission gewährleisten können. Zurzeit sind 2 600 Soldaten der Bundeswehr im KFOR-Einsatz, vor sieben Jahren, 1999, waren es fast 6 500. Das damalige Bundestagsmandat, das durch die Mandatsverlängerung in diesem Punkt übrigens nicht geändert wurde, lässt nach wie vor den Einsatz von bis zu 8 500 Soldaten zu.

Was für das deutsche Kontingent gilt, gilt auch für die Gesamtmission der NATO: Betrug ihre Gesamtstärke im Jahre 1999 noch 45 000 Soldaten, so sind es gegenwärtig 16 500. Es ist übrigens einer Erwähnung wert, dass KFOR wirklich im besten Sinne multinational zusammengesetzt ist: Über 35 Staaten sind derzeit dabei, darunter sogar ferne Länder wie Argentinien und die Mongolei. Die NATO-Staaten sind fast vollzählig vertreten, wie es sich gehört und wie wir das auch bei anderen Aktionen erwarten.

Mit der heutigen Zustimmung zur Mandatsverlängerung bekräftigen wir unser Interesse an einem dauerhaft stabilen und demokratischen Kosovo. Nur weil die Provinz nicht mehr die Nachrichten bestimmt – man möchte sagen: Gott sei Dank! –, lassen wir in unserem Engagement nicht nach. Das gilt für die vielfältigen zivilen Hilfen – Deutschland stellt etwa einen wesentlichen Beitrag für die UNO-Polizei im Kosovo – wie auch für die militärische Absicherung der Entwicklung. Wann der letzte KFOR-Soldat die Provinz verlassen wird, kann heute niemand sagen. Denn das lehrt uns die Erfahrung aus diesem wie aus anderen Einsätzen: Wenn unsere Politik eine dauerhafte Befriedung und Entwicklung der Region bewirken soll, dann müssen wir einen langen Atem haben.

Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

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